Der Bericht „Status des PV-Modulrecyclings in den IEA PVPS Task 12 Ländern“ bietet eine umfassende globale Bewertung, wie verschiedene Regionen auf die wachsenden Herausforderungen des PV-Abfallmanagements reagieren. Angesichts der zunehmenden Menge an Photovoltaik (PV)-Modulen, die das Ende ihrer Lebensdauer erreichen, gewinnt das Thema Recycling an Dringlichkeit. Dieser Artikel befasst sich mit den aktuellen Entwicklungen im PV-Modulrecycling, den Herausforderungen und den regulatorischen Rahmenbedingungen, die weltweit entstehen.
Europa als Vorreiter im Recycling
In Europa wird durch die Richtlinie über Elektro- und Elektronik-Altgeräte (WEEE) ein globaler Standard für das Management von PV-Abfällen gesetzt. Diese Richtlinie verlangt von allen EU-Mitgliedstaaten, entweder eigene Rücknahme- und Recyclingsysteme zu betreiben oder sich an Produzentenverantwortungssystemen zu beteiligen. Die festgelegten Rückgewinnungsziele liegen bei 85% und die Recyclingquoten bei 80%.
Im Jahr 2022 sammelten europäische Länder fast 50’000 Tonnen PV-Modulabfall aus 18 Ländern, was einen signifikanten Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren darstellt. Italien war mit 21’500 Tonnen der Spitzenreiter, gefolgt von Deutschland mit 16’500 Tonnen. Dieser Anstieg widerspiegelt sowohl das Wachstum des europäischen Solarmarktes als auch die steigenden Mengen an Modulen, die ihre Lebensdauer erreichen.
In Deutschland wird erwartet, dass die Abfallmengen bis 2030 auf zwischen 400’000 und 1 Million Tonnen ansteigen könnten. Um dieser Nachfrage gerecht zu werden, entwickelt sich die Recyclinginfrastruktur weiter. Die Reiling Unternehmensgruppe betreibt die grösste spezielle PV-Recyclinganlage Europas in Münster mit einer Kapazität von 50’000 Tonnen pro Jahr. Frankreichs organisiertes System, verwaltet von der Non-Profit-Organisation Soren, verarbeitete im Jahr 2024 7’143 Tonnen und erreichte eine Recyclingquote von 86.81%.
Diversifizierte Ansätze in der Asien-Pazifik-Region
Ausserhalb Europas verfolgen verschiedene Länder in der Asien-Pazifik-Region unterschiedliche Ansätze für das PV-Abfallmanagement. Japan hat zwar keine spezifische Gesetzgebung für PV-Abfälle, verarbeitete jedoch im Jahr 2022 schätzungsweise 2’079 Tonnen Modulabfall, wobei 1’638 Tonnen recycelt und 441 Tonnen wiederverwendet wurden.
Das Land bewegt sich zudem in Richtung eines strukturierten Ansatzes. Die japanischen Behörden haben eine Regulierung entworfen, die das Recycling von PV-Modulen am Ende ihrer Lebensdauer vorschreibt und ein Zahlungssystem verwaltet von einer unabhängigen Organisation etabliert.
Südkorea verfolgt einen anderen Ansatz, indem es ab 2023 Vorschriften zur erweiterten Produzentenverantwortung (EPR) für PV-Module eingeführt hat. Im ersten Jahr übertraf das System die Erwartungen und recycelte 688 Tonnen im Vergleich zu einem Ziel von lediglich 159 Tonnen. Das Land hat ein Netzwerk spezialisierter Recyclingunternehmen in fünf regionalen Zentren mit einer kombinierten Kapazität von 14’725 Tonnen pro Jahr etabliert.
China, als grösster PV-Markt weltweit, steht vor der grössten Herausforderung. Prognosen deuten darauf hin, dass die kumulierten Mengen an PV-Modulen am Ende ihrer Lebensdauer bis 2030 unter einem regulären Verlustszenario 1 Million Tonnen erreichen könnten oder bis zu 4 Millionen Tonnen unter einem vorzeitigen Verlustszenario. Mehrere grosse chinesische Unternehmen, darunter die State Power Investment Group und JinkoSolar, haben bereits Recyclinglinien für PV-Module eingerichtet.
Technologische Fortschritte im Recycling
Die Landschaft der Recyclingtechnologie entwickelt sich ständig weiter, wobei Forschungs- und Entwicklungsprojekte den Fokus auf die Rückgewinnung von wertvollen Materialien legen, anstatt lediglich hohe Recyclingquoten nach Gewicht zu erreichen. Projekte, die von der Europäischen Union finanziert werden, wie PHOTORAMA und EVERPV, entwickeln Pilotlinien, die sowohl kristalline Silizium- als auch Dünnschichtmodule verarbeiten und Rückgewinnungsraten von 95-98% für Metalle anstreben.
Diese Projekte erforschen modernste Delaminierungstechniken, darunter Diamant-Drahtsägen, Wasserstrahltechnologie und Infrarotlampen. Der Fokus verlagert sich von einfachen mechanischen Verfahren hin zu chemischen Rückgewinnungsmethoden, die hochreine Materialien extrahieren, die für die Wiederverwendung in neuen PV-Modulen oder anderen hochwertigen Anwendungen geeignet sind.
Japanische Forschungsprojekte, unterstützt von NEDO, zielen auf Materialrückgewinnungsraten über 80% ab, während die Nettokosten der Behandlung unter 3 japanischen Yen pro Watt bleiben sollen. Australische Projekte streben sogar höhere Rückgewinnungsraten an, die bei über 95% für Silber, Kupfer, Silizium und Glas liegen.
Ökonomische Herausforderungen im Recycling
Trotz technologischer Fortschritte bleibt die Wirtschaftlichkeit des PV-Recyclings eine Herausforderung. Der Bericht stellt fest, dass die gegenwärtig niedrigen Volumina, begrenzte Recyclingtechnologien, logistische Herausforderungen und unterentwickelte Märkte für wiedergewonnene Materialien zu „hohen Kosten und niedrigen Einnahmen“ im PV-Modulrecycling führen.
In den Vereinigten Staaten können die Recyclingkosten 14 US-Dollar pro Modul übersteigen, während die Deponierungskosten nur 1-5 US-Dollar betragen können. Diese Kostenunterschiede stellen eines der grössten Hindernisse für ein nachhaltiges Management am Ende der Lebensdauer dar.
Aus diesem Grund investieren Unternehmen in spezielle PV-Recyclinggeräte und -prozesse. Einige erkunden mobile Recyclinganlagen, die direkt an den Deponiestellen eingesetzt werden können, um die Transportkosten zu reduzieren.
Globale regulatorische Entwicklungen
Über den etablierten Rahmen in Europa hinaus gewinnt die regulatorische Dynamik weltweit an Bedeutung. Australien plant, bis 2025 ein obligatorisches Produktverantwortungsprogramm einzuführen, während mehrere US-Bundesstaaten spezifische Regelungen für das Ende der Lebensdauer von PV-Modulen angenommen haben oder entwickeln.
Der Bericht identifiziert diese regulatorische Evolution als entscheidend für die Entwicklung der Branche. „Eine weitere Verbesserung des Recyclings von PV am Ende der Lebensdauer sowie der damit verbundenen Logistik und Entwicklung von Sekundärmärkten ist erforderlich, um zukünftigen Materialbedarf zu decken, der mit den Kosten für die Herstellung von Jungmaterialien vergleichbar ist“, schlussfolgern die Autoren.
Fazit und Ausblick
Prognosen deuten darauf hin, dass bis 2050 die kumulierten Mengen an PV-Modulabfällen weltweit 200 Millionen Tonnen überschreiten könnten. Der Bericht betont, dass nachhaltige Lösungen eine Integration von „regulatorischen und technologischen Ansätzen“ erfordern, die an die spezifischen Bedingungen jeder Region angepasst sind.
Der Erfolg wird nicht nur von der Entwicklung besserer Recyclingtechnologien abhängen, sondern auch von der Schaffung wirtschaftlicher Anreize, dem Aufbau von Netzwerken zur Sammlung und der Entwicklung von Märkten für wiedergewonnene Materialien. Der Übergang von den heutigen experimentellen Recyclingbemühungen zu industriell betriebenen Recyclinganlagen in der Zukunft stellt sowohl eine Herausforderung als auch eine Gelegenheit für die Solarindustrie dar. Wie gut der Sektor diesen Übergang bewältigt, wird die langfristige Rolle der Photovoltaik in der globalen Energiewende entscheidend beeinflussen.