In der aktuellen sicherheitspolitischen Debatte in der Schweiz gibt es Vorschläge, die an vergangene Zeiten erinnern. Der SVP-Nationalrat David Zuberbühler fordert die Wiederherstellung von Sprengobjekten an strategisch wichtigen Verkehrsachsen und Brücken. Diese Forderung löst kontroverse Diskussionen aus, insbesondere im Hinblick auf die veränderte Sicherheitslage in Europa und die Herausforderungen der modernen Kriegsführung.
Historischer Kontext der Sprengobjekte in der Schweiz
Im Verlauf des Kalten Krieges waren Sprengobjekte an bedeutenden Verkehrsachsen und Brücken in der Schweiz ein Element der Abschreckung. Diese Objekte dienten vor allem dazu, im Falle eines Angriffs strategische Nachschubwege zu unterbrechen. Bis Ende 2014 wurden alle Sprengobjekte in der Schweiz abgebaut. Der Abbau wurde damals als notwendiger Schritt angesichts der sich wandelnden sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen und der veränderten Verteidigungsdoktrin der Schweiz angesehen.
Die neue Forderung der SVP
Vor dem Hintergrund der aktuellen sicherheitspolitischen Entwicklungen, insbesondere in Verbindung mit dem Ukraine-Krieg, sieht Zuberbühler eine Notwendigkeit für eine Rückkehr zu Sprengobjekten. Er argumentiert, dass die Wiederherstellung kontrollierbarer Sprengobjekte an kritischen Infrastrukturen wie Brücken, Tunneln und Passübergängen unerlässlich sei, um die Verteidigungsfähigkeit der Schweiz zu stärken. Geplant sind moderne Systeme mit ferngesteuerten Auslösungen, die in Verbindung mit Panzersperren eine umfassende Verteidigungsstrategie bilden könnten.
Widerstand im Parlament
Die Forderungen von Zuberbühler stossen im Parlament jedoch auf Widerstand. Die Mitte-Nationalrätin Nicole Barandun bezeichnet diesen Vorstoss als nostalgisch und nicht zeitgemäss. Sie kritisiert, dass die SVP ein reales Problem mit der Schweizer Verteidigungsfähigkeit zwar anspreche, dies aber mit Rückzugsängsten kombiniere, anstatt proaktiv Lösungen zu entwickeln. Barandun befürwortet eine verstärkte Zusammenarbeit mit europäischen Partnern, um den neuen Bedrohungen wie Cyberangriffen und hybrider Kriegsführung gerecht zu werden.
Die Sicht der Armee
Auf Anfrage erklärte Armeesprecher Mathias Volken, dass die Schweiz keine Sprengobjekte mehr besitze, die für Sprengungen vorbereitet seien. Der Abbau 2014 war das Ergebnis einer Anpassung der Verteidigungsstrategien an die neuen sicherheitspolitischen Realitäten. Volken betont, dass die Sprengobjekte der Armee während des Kalten Krieges der Landesverteidigung dienten und dass mit der veränderten Bedrohungslage entschieden wurde, diese ausser Dienst zu stellen.
Kosteneffizienz als Argument
Zuberbühler argumentiert weiter, dass die Kosten für eine Rückkehr zu Sprengobjekten wesentlich geringer wären als für eine umfassende Aufrüstung der Schweizer Armee. Während ein vollständiger Ausbau der Verteidigungsfähigkeiten auf rund 50 Milliarden Franken geschätzt wird, könnte ein fokussiertes Projekt, das Sprengobjekte an strategischen Punkten umfasst, nur einige Millionen bis maximal hundert Millionen Franken kosten. Zudem wäre der Unterhalt und die Bedienung der neuen Systeme einfacher und kostengünstiger als bei modernen Artilleriesystemen.
Moderne Herausforderungen
Die Argumente von Barandun und anderen Kritikern der SVP-Forderung heben hervor, dass die Bedrohungen, mit denen sich die Schweiz heute konfrontiert sieht, sich grundlegend gewandelt haben. In der Ära der hybriden Kriegsführung sind konventionelle militärische Strategien allein nicht ausreichend. Barandun warnt, dass Sprengobjekte und Panzersperren gegen Cyberangriffe und Drohnen kaum eine Rolle spielen würden. Ihre Ansicht ist, dass die Schweiz in einem sich verändernden sicherheitspolitischen Umfeld nicht auf alte Methoden zurückgreifen sollte.
Fazit: Ein Dialog über die Verteidigungsstrategie der Schweiz
Die Diskussion um die Rückkehr von Sprengobjekten an Verkehrsachsen und Brücken ist ein Ausdruck der tiefergehenden Debatte über die Sicherheitsstrategie der Schweiz. Während Zuberbühler und die SVP eine Rückkehr zu alten Verteidigungsmechanismen fordern, plädieren andere politische Akteure für moderne, kooperative Ansätze, die die Herausforderungen der gegenwärtigen und zukünftigen sicherheitspolitischen Landschaft berücksichtigen. Eine effektive Verteidigungsstrategie muss sowohl innovative Lösungen als auch die Lehren der Geschichte berücksichtigen. Die Schweiz steht vor der Aufgabe, die Balance zwischen Tradition und Innovation zu finden, um auf die komplexen Bedrohungen der heutigen Zeit angemessen reagieren zu können.

