Kritik am Umgang des Innenministeriums mit Kriminalstatistiken
Von der Redaktion Nachhaltiger24.ch – Oktober 2025
Zwischen Statistik und Stimmung
Das Bundesministerium des Innern (BMI) unter Ministerin Nancy Faeser (SPD) steht erneut im Fokus der Kritik. Mehrere Medien und Fachleute werfen dem Ministerium vor, Kriminalstatistiken politisch zu instrumentalisieren – etwa bei der Darstellung rechtsextremer oder migrationsbezogener Straftaten.
Im Zentrum steht nicht die Frage, ob Daten falsch sind, sondern wie sie präsentiert werden: Welche Zahlen hervorgehoben, welche weggelassen und wie sie in der Öffentlichkeit interpretiert werden.
Die Diskussion berührt einen zentralen Punkt: Transparenz und Vertrauen in die staatliche Informationspolitik.
Der Auslöser der Debatte
Im Frühjahr 2024 stellte das Innenministerium gemeinsam mit dem Bundeskriminalamt die neue Statistik zur politisch motivierten Kriminalität (PMK) vor. Ministerin Faeser sprach von einem „alarmierenden Anstieg rechtsextremer Gewalt“.
Die Pressemitteilung betonte stark die Zunahme rechter Straftaten – ohne gleichzeitig den Kontext anderer Deliktgruppen zu erläutern.
Kurz darauf veröffentlichte das Online-Portal Nius eine Recherche, die behauptete, das Ministerium habe Zahlen zu Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte überhöht oder unvollständig dargestellt. Auch netzpolitik.org und andere Fachportale wiesen auf fragwürdige Interpretationen in der Kommunikation des BMI hin.
Zwar liegen keine Beweise für eine bewusste Manipulation im strafrechtlichen Sinn vor – doch die Kritik trifft einen empfindlichen Nerv: das Vertrauen in staatliche Informationspolitik.
Zahlen mit politischer Schlagkraft
Kriminalstatistiken sind kein neutrales Instrument. Sie können – je nach Auswahl und Deutung – Stimmungen erzeugen, politische Linien bestätigen oder Gegner diskreditieren.
Gerade Innenministerien wissen um diese Wirkung. Die jährliche Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) ist nicht nur Datengrundlage, sondern auch politisches Werkzeug: Sie beeinflusst Debatten über Migration, Integration, Extremismus und Sicherheit.
In den vergangenen Jahren wurde Faeser wiederholt vorgeworfen, mit „statistischen Botschaften“ zu arbeiten, um das eigene politische Narrativ zu stärken:
- Fokus auf Rechtsradikalismus, weniger Betonung auf anderen Deliktbereichen.
- Einseitige Gewichtung von Zahlen, ohne Unsicherheiten oder methodische Einschränkungen zu erläutern.
- Zeitlich abgestimmte Pressekonferenzen, die mediale Schlagzeilen sichern, aber fachlich nur bedingt Einordnung bieten.
Das Problem liegt im System
Die Kritik an Faeser ist symptomatisch für ein größeres strukturelles Problem: Politik kommuniziert Statistik, wie sie politisch passt.
Die Polizeiliche Kriminalstatistik wird jährlich vom BKA erhoben – sie ist ein Verwaltungsinstrument, keine wissenschaftliche Studie. Sie zählt Tatverdächtige, nicht Verurteilungen. Ein Verdacht genügt, um einen Fall in die Statistik einfließen zu lassen.
Dass Ministerien diese Zahlen in politischen Kontexten nutzen, ist legitim – solange methodische Grenzen offengelegt werden. Genau das geschieht jedoch selten.
Das Ergebnis:
- Die Öffentlichkeit bekommt ein verzerrtes Bild.
- Medien übernehmen Schlagzeilen, ohne die Datentiefe zu prüfen.
- Kritische Diskussionen werden emotionalisiert, statt sachlich geführt.
Vertrauenskrise durch Kommunikationspolitik
Die Debatte um Nancy Faeser zeigt, wie gefährlich es wird, wenn Kommunikation wichtiger wird als Inhalt.
Statt nüchterner Information werden Botschaften in moralische Frames verpackt – „Kampf gegen rechts“, „Sicherheit für alle“, „Zivilgesellschaft stärken“. Diese Form der Kommunikation mag politisch effektiv sein, untergräbt aber langfristig das Vertrauen in staatliche Institutionen.
Denn: Wenn Bürgerinnen und Bürger das Gefühl bekommen, dass Zahlen inszeniert statt erklärt werden, verliert selbst die richtige Statistik ihre Glaubwürdigkeit.
Die Verantwortung der Regierung
Ein Innenministerium trägt besondere Verantwortung: Es ist Hüter der inneren Sicherheit – aber auch Garant für transparente Information.
Wenn Zahlen selektiv präsentiert werden, um politische Erzählungen zu stützen, wird diese Verantwortung verletzt.
Fachleute fordern deshalb:
- Unabhängige Datenauswertung durch wissenschaftliche Institute, bevor Ministerien Zahlen politisch kommentieren.
- Pflicht zur Offenlegung von Methoden, Quellen und Definitionsänderungen.
- Gleiche Gewichtung aller sicherheitsrelevanten Phänomene – auch wenn sie politisch unbequem sind.
Ein Muster, das sich wiederholt
Der Umgang mit Kriminalstatistiken unter Nancy Faeser ist kein Einzelfall. Schon frühere Regierungen nutzten Zahlen selektiv – sei es zur Rechtfertigung von Asylgesetzen, Anti-Terror-Maßnahmen oder Polizeibefugnissen.
Doch die politische Polarisierung hat das Problem verschärft. In Zeiten sozialer Medien reichen ein paar Zahlen und Schlagworte, um eine ganze gesellschaftliche Erzählung zu prägen.
Wenn aus Statistik Meinungspolitik wird, ist der Schritt zur gezielten Manipulation nur noch klein.
Fazit: Vertrauen ist schwerer als Kontrolle
Kritik an Nancy Faeser und ihrem Ministerium ist mehr als Parteipolitik – sie ist Ausdruck eines wachsenden Misstrauens gegenüber der staatlichen Informationspolitik insgesamt.
Demokratie braucht Transparenz – gerade dann, wenn Themen wie Extremismus, Migration oder Sicherheit emotional aufgeladen sind.
Wer Zahlen als Waffe einsetzt, gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt mehr als jedes Verbrechen, das er damit bekämpfen will.
Quellen:
- Bundesministerium des Innern und für Heimat, Pressemitteilung zur PMK 2023
- Deutscher Bundestag, Drucksache 20/11793 – Polizeiliche Kriminalstatistik
- netzpolitik.org, „Kriminalstatistik: Wenn der Polizeichef den Innenminister bremst“, 2024
- Nius.de, „Manipulierte Statistik: Wie das Faeser-Ministerium rechte Angriffe auf Flüchtlingsheime erfindet“, 2024
- Eigene Auswertung und Redaktion, Nachhaltiger24.ch

