Erst raus, jetzt vielleicht wieder rein: Die SRG denkt laut über eine Rückkehr zum klassischen UKW-Radio nach – ein teures Lehrstück über Fehlplanung und Publikumsschwund.
Vor wenigen Jahren galt der Schritt als unumkehrbar: Die Schweiz wollte als eines der ersten Länder Europas das UKW-Radio abschalten und vollständig auf Digital Audio Broadcasting (DAB+) umstellen. Die SRG war Vorreiterin dieses Wandels – sie schaltete ihre UKW-Sender ab, private Anbieter sollten folgen.
Nun zeigt sich: Der UKW-Ausstieg könnte sich als teurer Fehlentscheid erweisen.
???? Privatsender rudern zurück – und die SRG denkt neu
Mehrere private Radiobetreiber haben in den letzten Monaten ihren Kurs geändert. Die Gründe liegen auf der Hand: Zuhörerverluste, technische Hürden und die anhaltende Beliebtheit klassischer Autoradios mit UKW.
Während viele Hörerinnen und Hörer DAB+ noch immer nicht nutzen – etwa in älteren Autos oder Bergregionen mit schwacher Abdeckung – verzeichneten die Privaten auf UKW zuletzt stabile Reichweiten.
Der Nationalrat hat daher entschieden, die Abschaffung von UKW rückgängig zu machen. Nun könnte auch der Ständerat diesen Kurs bestätigen.
????️ SRG-Chefin Wille: „Man muss sich mit allen Optionen befassen“
Für die SRG, die ihren UKW-Ausstieg als „historischen Schritt“ gefeiert hatte, ist das ein empfindlicher Rückschlag.
Generaldirektorin Susanne Wille sagte in einem Interview mit SRF und dem Tages-Anzeiger:
„Wenn die Privaten schlussendlich auf UKW bleiben, kann ich nicht ausschliessen, dass auch wir wieder auf der Ultrakurzwelle senden.“
Das ist eine bemerkenswerte Kehrtwende – noch vor wenigen Monaten hatte die SRG kategorisch ausgeschlossen, je wieder auf UKW zurückzukehren.
Ein Sprecher präzisierte später:
„Aktuell gilt eine letztmalige Verlängerung der UKW-Verbreitung bis Ende 2026. Falls sich diese Rahmenbedingungen ändern, müssen wir das neu analysieren.“
???? Hörerschwund & Vertrauensverlust
Die nackten Zahlen sprechen für sich: Seit dem Ausstieg aus der UKW-Verbreitung hat die SRG einen erheblichen Teil ihrer Hörer verloren, während private Sender an Reichweite gewonnen haben.
Besonders in ländlichen Regionen, in Tunneln und auf älteren Geräten ist der Empfang über DAB+ unzuverlässig. Viele Hörer empfanden den UKW-Ausstieg daher als „Zwangsumstellung von oben“ – und wandten sich Alternativen zu.
???? Rückbau, Umrüstung, Rückkehr – ein teures Hin und Her
Die Rückkehr zu UKW wäre nicht nur symbolisch brisant, sondern auch kostspielig.
Die SRG hat in den letzten Jahren Millionen Franken in den Abbau alter Sender, in neue DAB+-Infrastruktur und in Werbekampagnen investiert.
Eine Wiederaufnahme des UKW-Betriebs würde also erneut hohe Investitionen verlangen – und verdeutlicht, wie teuer überhastete politische und mediale Digitalstrategien sein können.
???????? Fazit: Digital ja – aber nicht um jeden Preis
Der Fall UKW zeigt, dass technischer Fortschritt nur dann Akzeptanz findet, wenn er praktisch funktioniert und gesellschaftlich mitgetragen wird.
Für die SRG und die Politik ist das eine Lektion in Demut: Nicht jede „Modernisierung“ ist automatisch ein Fortschritt – manchmal ist das alte System schlicht das bessere.
Kommentar der Redaktion:
Die Schweiz wollte einmal Vorreiter im digitalen Radiozeitalter sein. Jetzt steht sie vor der Frage, ob sie den Rückwärtsgang einlegt. Vielleicht wäre das kein Rückschritt – sondern ein realistischer Neustart im Dialog mit den Hörerinnen und Hörern.
Quellen: SRF: „Nach Hörer-Verlusten: SRG schliesst Rückkehr auf UKW nicht aus“ (11.10.2025). Schweizer Radio und Fernsehen (SRF)
Schweizer Parlament (Medienmitteilung): „Nationalrat will UKW-Abschaltung verzögern“ (09.09.2025). parlament.ch
DAB+/Bund: „UKW-Funkkonzessionen letztmalig bis Ende 2026 verlängert“ (Bundesrat, 25.10.2023). news.admin.ch
Watson: „SRG-Direktorin denkt über Rückkehr von UKW nach“ (05.11.2025). www.watson.ch/
Blick: „SRG prüft Rückkehr zu UKW-Sendern“ (05.11.2025). Blick

