Die jüngsten Entwicklungen in Deutschland werfen ein Schlaglicht auf die Problematik der Radikalisierung und Extremismus in Europa. Am Mittwoch, den 6. November 2025, verkündete das deutsche Innenministerium das Verbot der Gruppierung «Muslim interaktiv». Diese Entscheidung folgte auf eine lautstarke Demonstration von rund 1200 Mitgliedern der Organisation, die im April 2024 in Hamburg das Kalifat gefordert hatten. Während Deutschland aktiv gegen solche Gruppierungen vorgeht, stellt sich die Frage, wie die Schweiz auf ähnliche Herausforderungen reagiert.
Verbot von «Muslim interaktiv»
Innenminister Alexander Dobrindt erklärte, dass die Aggression und die verachtende Hetze gegen Israel sowie die Diskriminierung von Frauen und Minderheiten nicht toleriert werden. Das Verbot der Gruppierung sei eine klare Botschaft, dass der Staat solchen extremistischen Bestrebungen mit aller Rechtsstaatlichkeit entgegentreten wird. Dies wirft die Frage auf, ob die Schweiz ebenfalls Schritte ergreifen sollte, um ähnliche Organisationen zu bekämpfen.
Die Rolle der Schweiz: Expertenmeinungen
Önder Günes, Präsident der Föderation islamischer Dachorganisationen Schweiz (FIDS), unterstützt das Verbot in Deutschland und betont, dass auch in der Schweiz die Verfassung gilt. Er ist sich einig, dass Gruppen, die zur Spaltung der Gesellschaft führen und radikale Ideologien propagieren, verboten werden sollten. «Das gilt für die Forderung nach Remigration ebenso wie für die Errichtung eines Kalifats,» sagte Günes. Er unterstreicht die Bedeutung der Prävention von Radikalisierung über soziale Medien, welche ein zentrales Problem darstellt.
Radikalisierung über soziale Medien
In der Schweiz gibt es Bestrebungen, Radikalisierungen in den Moscheen entgegenzuwirken. Imame spielen dabei eine wichtige Rolle, da sie in der Lage sind, signifikante Veränderungen bei den Jugendlichen zu bemerken, die mit extremistischen Inhalten konfrontiert werden. Günes erklärt, dass radikale Inhalte vor allem über soziale Medien verbreitet werden und nicht in den Moscheen selbst entstehen. «Die Jugend wird durch extremistische Botschaften isoliert und von der Gemeinschaft entfremdet,» fügte er hinzu.
Der Einfluss von «TikTok-Terroristen»
Wie Extremismusforscher Dirk Baier feststellte, sprechen wir mittlerweile von «TikTok-Terroristen», die gezielt Jugendliche ansprechen. Diese Strategien beinhalten zunächst die Ansprache junger Menschen bei alltäglichen Fragen und Problemen, um dann in Krisenzeiten tiefere Beziehungen aufzubauen. Solche Interaktionen können zur Radikalisierung der Jugendlichen führen, was die Dringlichkeit unterstreicht, Präventionsmassnahmen zu ergreifen.
Handlungsbedarf in der Schweiz
Um die Aktivitäten solcher Gruppen zu unterbinden, empfiehlt Baier drei zentrale Handlungsfelder für die Schweiz. Er fordert eine konsequente Strafverfolgung und gegebenenfalls Verbote ähnlicher Organisationen. Zudem müssen die Betreiber von sozialen Plattformen in die Verantwortung genommen werden, um die Verbreitung demokratiefeindlicher Inhalte einzuschränken. Schliesslich ist eine aufmerksame und informierte Bevölkerung entscheidend, um extremistische Inhalte zu erkennen und zu melden.
Monitoring durch den Nachrichtendienst des Bundes
Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) in der Schweiz führt laut eigenen Aussagen ein Monitoring von öffentlichen Internetseiten, sozialen Medien und Foren durch, die von Dschihadisten genutzt werden. Seit 2012 wurden 862 Nutzer identifiziert, die in oder aus der Schweiz dschihadistisches Gedankengut verbreiten. Obwohl der NDB sich nicht zu konkreten Fragen bezüglich «Muslim interaktiv» äussert, zeigt dies das Ausmass der Herausforderungen, mit denen die Schweiz konfrontiert ist.
Fazit: Ein gemeinsamer Kampf gegen Extremismus
Die Verbotsentscheidung in Deutschland sollte als Weckruf für die Schweiz dienen. Die Radikalisierung von Jugendlichen stellt eine ernsthafte Bedrohung dar, die sowohl in Deutschland als auch in der Schweiz aktiv bekämpft werden muss. Es liegt nicht nur in der Verantwortung des Staates und der Sicherheitsbehörden, sondern auch in der der Zivilgesellschaft und religiösen Gemeinschaften, dem Extremismus entgegenzutreten. Der gemeinsame Kampf gegen Radikalisierung und Extremismus erfordert entschlossenes Handeln auf vielen Ebenen, um die Werte einer offenen und demokratischen Gesellschaft zu schützen.

