Die Schweizer Jodler-Tradition auf dem Weg zum Unesco-Weltkulturerbe
Die Schweiz bemüht sich um die Anerkennung des Jodelns als immaterielles Kulturerbe der Unesco. Der Entscheid über die Aufnahme wird Mitte Dezember 2023 erwartet. Diese Initiative zielt darauf ab, die reiche Tradition des Jodelns zu bewahren und zu fördern, die tief in der Schweizer Kultur verwurzelt ist.
Jodeln – Ein kulturelles Erbe
Das Jodeln gehört zum akustischen Erbe der Schweizer Alpen und ist eng verbunden mit der Landschaft, wo es von Generationen von Hirten als Kommunikationsmittel genutzt wurde. Inzwischen hat sich der Jodelgesang in die moderne Musikszene integriert und ist bis über die Grenzen der Schweiz hinaus bekannt geworden. Die Jodlerinnen und Jodler, die die alpinen Klänge mit ihren melodiösen Gesängen füllen, haben sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt und ihre Relevanz in der zeitgenössischen Musik gefunden.
Die Bewerbung bei der Unesco
Die Schweizer Regierung und der Eidgenössische Jodlerverband setzen sich gemeinsam für die Anerkennung des Jodelns als immaterielles Weltkulturerbe ein. Diese Bemühungen zielen darauf ab, den Jodlergeist und die musikalischen Traditionen zu bewahren und eine breitere Öffentlichkeit für diese Kunstform zu sensibilisieren. Eine positive Entscheidung der Unesco könnte nicht nur zur Stärkung des kulturellen Erbes der Schweiz beitragen, sondern auch das Interesse und die Teilnahme an dieser einzigartigen Gesangsform fördern.
Jodelclubs und moderne Entwicklungen
Im Laufe des 20. Jahrhunderts erlebte das Jodeln eine Renaissance durch die Gründung zahlreicher Jodelclubs. Diese Gruppen haben die Tradition neu belebt und vielfältige Stile entwickelt, wodurch das Jodeln seinen Platz in der modernen Musik gefunden hat. Die Hochschule Luzern (HSLU) bietet sogar einen Masterstudiengang im Jodeln an, der die akademische Auseinandersetzung mit dieser Kunstform fördert. Jodelforscherin und Professorin Nadja Räss betont die Bedeutung des Jodelns als eine eigene Sprache, die den kulturellen Reichtum der Schweiz repräsentiert.
Tradition und Innovation im Jodelgesang
Ursprünglich umfasste das Jodeln vor allem wortlose Gesänge, auch als Naturjodeln bekannt, bei dem die Melodien unabhängig von Texten entwickelt wurden. Heute finden sich im Repertoire der Jodler auch Lieder mit Strophen und Refrains. Nach Angaben der Schweizer Regierung sind derzeit über 12’000 Jodlerinnen und Jodler in etwa 780 Gruppen aktiv, die dem Eidgenössischen Jodlerverband angehören.
Regionale Unterschiede und Geschlechterverhältnisse
Innerhalb der Schweiz gibt es bemerkenswerte regionale Unterschiede im Jodelstil. Der Jodel im Norden, etwa im Appenzell, wird als melancholischer und langsamer beschrieben, während in der Zentralschweiz ein intensiverer, kürzerer Stil vorherrscht. Interessanterweise zieht das Jodeln heute zunehmend auch Frauen an, obwohl es in der Vergangenheit überwiegend von Männern praktiziert wurde. Diese Entwicklung spiegelt eine breitere gesellschaftliche Veränderung wider, die in der Schweiz erst seit den 1970er Jahren an Dynamik gewonnen hat, als das Wahlrecht für Frauen auf Bundesebene eingeführt wurde.
Die Zukunft des Jodelns
Die Rückkehr zum traditionellen Jodeln und die Förderung dieser Kunstform für kommende Generationen stehen im Mittelpunkt der Bestrebungen von Nadja Räss und anderen Befürwortern. Projekte, die darauf abzielen, das Jodeln in die Grundschulbildung einzubinden, sollen das Bewusstsein und die Wertschätzung für diese Tradition bei Kindern wecken. Räss erklärt, dass es ihr Lebensziel sei, dass jedes Schulkind in der Schweiz während seiner Grundschulzeit mit dem Jodeln in Berührung kommt. Solche Initiativen sind entscheidend, um das Erbe des Jodelns auch in Zukunft zu bewahren.
Entscheidung im Dezember
Das Unesco-Komitee wird Mitte Dezember 2023 in Neu-Delhi über die Anerkennung des Schweizer Jodelns als immaterielles Kulturerbe entscheiden. Diese Klassifizierung hat das Potenzial, die Öffentlichkeit für Kunst, Handwerk, Rituale, Wissen und Traditionen zu sensibilisieren, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. Die Hoffnungen auf einen positiven Entscheid sind hoch, denn der Erhalt dieser Tradition könnte dazu beitragen, das kulturelle Erbe der Schweiz wahren und die Vielfalt der musikalischen Ausdrucksformen fördern.
Schlussfolgerung
Die Bewerbung der Schweiz um die Anerkennung des Jodelns als immaterielles Weltkulturerbe ist ein Zeichen für das Engagement, kulturelle Traditionen zu schützen und zu fördern. Die bevorstehende Entscheidung der Unesco wird nicht nur für das Jodeln von Bedeutung sein, sondern auch für die Wahrung und Stärkung der kulturellen Identität der Schweiz im globalen Kontext. Das Jodeln ist mehr als ein Gesang; es ist ein Teil der Schweizer Seele, das auch in Zukunft lebendig gehalten werden soll.

