Die ungelöste Herausforderung: Blinkende Windräder und ihre Folgen für Anwohner

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Quelle: Openverse (by) · © Peter Heilmann · Windräder

In Deutschland sind Windkraftanlagen unverzichtbare Bestandteile der Energiewende. Doch während der Ausbau erneuerbarer Energien voranschreitet, bleibt ein Problem ungelöst: das störende nächtliche Blinken der Leuchtfeuer an diesen Anlagen. Trotz gesetzlicher Vorgaben zur Einführung von bedarfsgerechten Nachtkennzeichnungen (BNK) ist die Umsetzung schleppend. Anwohner in der Nähe von Windparks sind von den blinkenden Signalen weiterhin betroffen, was nicht nur für Unmut sorgt, sondern auch Fragen zur Effizienz der Energiewende aufwirft.

Hintergrund und gesetzliche Rahmenbedingungen

Windkraftanlagen mit einer Höhe von über 100 Metern sind gesetzlich verpflichtet, rot blinkende Signalleuchten – auch Leuchtfeuer genannt – zu montieren, um herannahende Flugzeuge zu warnen. Diese Regelung ist insbesondere für die Sicherheit im Luftverkehr von Bedeutung und hat somit eine klare Daseinsberechtigung. Jedoch empfinden viele Anwohner das ständige Blinken als störend, vor allem in der Nacht.

Um diesem Unmut entgegenzuwirken, trat Anfang dieses Jahres eine Regelung in Kraft, die vorschreibt, dass neu in Betrieb genommene Windräder mit einer BNK ausgestattet sein müssen. Diese Systeme sollen dafür sorgen, dass die Blinklichter nur dann aktiviert werden, wenn sich tatsächlich ein Flugobjekt nähert. Auch ältere Windkraftanlagen – insgesamt rund 16.000 – sollen bis zum 1. Januar 2025 nachgerüstet werden.

Die schleppende Umsetzung der BNK-Systeme

Der Energieökonom Lion Hirth machte in einem LinkedIn-Post auf die komplizierte Vorgeschichte der BNK-Systeme aufmerksam. Er berichtete von einem Gespräch mit Anwohnern in Brandenburg, die das nächtliche Blinken als überaus störend empfinden. Hirth äussert sich frustriert: «Es ist einfach irre, dass wir in Deutschland mit 30.000 Windrädern im Jahr 2025 immer noch nicht in der Lage sind, dieses Problem zu lösen.» Das zeigt deutlich, wie lange die Einführung dieser Technik bereits auf sich warten lässt.

Die ersten Feldversuche mit der bedarfsgerechten Nachtkennzeichnung wurden bereits vor 13 Jahren durchgeführt. Technisch gesehen gelten diese Systeme als kostengünstige Lösung, da sie mittels Radar oder Flugzeug-Transpondern erkennen können, ob sich ein Flugzeugen nähert, und die Blinklichter nur für wenige Minuten aktivieren. Laut Angaben des Energieministeriums könnten Windparks mit BNK-Systemen bis zu 95 Prozent der Nacht über ohne Blinken bleiben.

Gesetzliche Fristen und deren Verlängerung

Das Erneuerbare-Energien-Gesetz von 2017 legte fest, dass bis zum 1. Juli 2020 alle nachtkennzeichnungspflichtigen Windenergieanlagen mit BNK-Systemen ausgestattet sein müssen. Diese Frist wurde jedoch mehrfach verlängert: Zunächst bis zum 30. Juni 2021, dann auf den 31. Dezember 2022 und zuletzt auf den 1. Januar 2025. Trotz dieser gesetzlichen Vorgaben zeigt die Realität, dass in vielen Windparks das Blinken weiterhin besteht.

Der aktuelle Stand der Nachrüstungen

Obwohl sich im ersten Halbjahr 2023 Anzeichen einer Besserung zeigten, bleibt die Umsetzung der BNK-Systeme in vielen Gebieten schleppend. Laut einem Bericht des Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) wurden bis April dieses Jahres bei 815 Windkraftanlagen in Brandenburg Anträge auf bedarfsgesteuerte Nachtbeleuchtung gestellt, von denen 600 genehmigt worden sind. Allerdings zeigt die Realität, dass von den über 4.000 Windrädern in dieser Region viele nach wie vor blinkende Signalleuchten aufweisen.

Der Energieversorger EnBW informierte bereits im Januar, dass die roten Lichter an ihren Windrädern weitestgehend abgeschaltet bleiben sollen, da die Anlagen mit BNK-Systemen ausgestattet werden.

Herausforderungen bei der Nachrüstung

Der Bundesverband Windenergie (BWE) sieht die schleppende Umsetzung der BNK-Systeme nicht nur als ein technisches, sondern auch als ein politisches und rechtliches Problem. Die Umrüstung kann aufwändig sein und bis zu einem Jahr in Anspruch nehmen. Zudem kommen genehmigungsrechtliche Fragen auf, insbesondere wenn externe Antennen installiert werden müssen – dies kann den Prozess weiter verzögern.

Eine weitere Schwierigkeit stellt die Möglichkeit dar, dass für Bestandsanlagen Ausnahmen gelten, bei denen die Nachrüstung als «wirtschaftlich unzumutbar» eingestuft wird. Laut BWE bleibt unklar, wie diese wirtschaftliche Unzumutbarkeit genau definiert wird. Die Zuständigkeit für die Prüfung dieser Ausnahme liegt bei der Bundesnetzagentur.

Ein nicht aufzulösender Zirkelschluss

Ein zusätzliches Problem, das der BWE als «nicht auflösbaren Zirkelschluss» bezeichnet, stellt die gesetzliche Regelung dar: Windenergieanlagen, die ab dem 1. Januar 2025 in Betrieb genommen werden, müssen mit einem BNK-System ausgestattet sein. Doch um das BNK-System zu implementieren, muss die Anlage selbst in Betrieb genommen werden – was nicht geschehen kann, solange die Nachrüstung nicht erfolgt ist. Dieser rechtliche Widerspruch könnte das gesamte System weiter destabilisieren.

Fazit: Die Notwendigkeit einer zeitnahen Lösung

Die Probleme rund um das nächtliche Blinken der Windräder in Deutschland sind nicht nur ein ärgerliches Detail, sondern werfen auch grundlegende Fragen über die Effizienz der Energiewende auf. Während der Ausbau erneuerbarer Energien vorangetrieben wird, bleibt die Umsetzung von gesetzlichen Vorgaben zur Minderung der Lärm- und Lichtbelastung für Anwohner unzureichend. Es ist von zentraler Bedeutung, dass die zuständigen Behörden und der Gesetzgeber die Herausforderungen erkennen und umfassende Lösungen erarbeiten, um die Lebensqualität der Anwohner zu verbessern und gleichzeitig die Sicherheit im Luftverkehr zu gewährleisten.

Redaktion
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Redaktion schreibt bei Nachhaltiger24 über erneuerbare energien (wind/wasser) – mit Fokus auf praxisnahe Tipps, fundierte Quellen und Schweizer Rahmenbedingungen.

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