Der Frauenanteil in der Schweizer Armee stagniert bei alarmierenden 1,6 Prozent. Trotz Bestrebungen der ehemaligen Verteidigungsministerin Viola Amherd und des scheidenden Armeechefs Thomas Süssli, diesen Anteil bis 2030 auf zehn Prozent zu erhöhen, bleibt die Realität düster. Eine neue SRF-Dokumentation untersucht die Gründe für die schleppende Entwicklung und beleuchtet die Herausforderungen, denen Frauen im Militär begegnen.
Stagnation des Frauenanteils
Der Frauenanteil in der Schweizer Armee ist seit längerer Zeit unverändert niedrig. Während die Führungskräfte des Militärs klare Ziele formuliert haben, zeigen die aktuellen Zahlen einen Mangel an Fortschritt und Anpassungsfähigkeit. Heute sind Frauen in der Armee nach wie vor selten und kämpfen nicht nur gegen strukturelle Barrieren, sondern auch gegen kulturelle Vorurteile und sexuelle Belästigung.
Sexuelle Belästigung und unangemessene Ausrüstung
Frauen, die in der Schweizer Armee dienen, sind oft mit unangemessener Ausrüstung konfrontiert. Ein Beispiel sind Hodenschützer, die Frauen zur Verfügung gestellt werden, obwohl sie offensichtlich nicht benötigt werden. Sicherheit und Komfort in der Ausrüstung sind für Frauen von entscheidender Bedeutung, jedoch sind die Uniformen häufig nicht an die weibliche Anatomie angepasst. Die aktuellen Bedingungen, unter denen diese Frauen dienen, sind nicht nur unpraktisch, sondern auch demotivierend.
Persönliche Erfahrungen von Soldatinnen
Leutnant Georgina Mermod hat in ihrer Karriere viele Herausforderungen erlebt. Sie ist sich bewusst, dass Frauen in Führungspositionen besonders hart kämpfen müssen, um gehört und respektiert zu werden. Mermod macht deutlich, dass die Körpergrösse eine wichtige Rolle spielt. Ihre eigene Körpergrösse hat ihr geholfen, sich durchzusetzen, während andere Frauen mit geringerer Körperhöhe grössere Schwierigkeiten haben, ihre Autorität durchzusetzen.
Eine anonyme Soldatin berichtet von einem Übergriff durch einen Vorgesetzten. Ihre Schilderung zeigt auf, wie ein vermeintlich harmloses Anfangsangebot für einen Kaffee sich in bedrohliches Verhalten verwandelte. Trotz der schweren Vorwürfe sah der zuständige Kommandant keinen Grund zur Beunruhigung, was darauf hinweist, dass das Militärsystem Frauen oft nicht ernst nimmt und sie sich nicht ausreichend geschützt fühlen.
Unpassende Ausrüstung für Frauen
Ein weiterer Skandal sind die Uniformen, die den Frauen in der Armee zur Verfügung gestellt werden. Viele Frauen erhalten dieselbe Ausrüstung wie ihre männlichen Kollegen, was zu massiven Problemen führt, da die Uniformen oft nicht passen. Die beiläufige Übergabe von Hodenschützern an weibliche Soldaten ist ein Beispiel für die Absurditäten im Alltag der Schweizer Armee. Die Einführung von Unisex-Uniformen ist ein Schritt in die richtige Richtung, jedoch sind diese weiterhin nicht weit verbreitet und Frauen sind gezwungen, unbequemere und unpassende Ausrüstung zu tragen.
Kulturwandel notwendig
Georgina Mermod ist überzeugt, dass ein Kulturwandel innerhalb der Armee erforderlich ist, um den Frauenanteil zu erhöhen. Sie betont, dass alte Strukturen, die sich über Jahre etabliert haben, dringend modernisiert werden müssen. Der Wille allein reicht nicht aus, um den Wandel herbeizuführen. Die hierarchischen Strukturen und die vorherrschenden Geschlechterrollen sind nach wie vor stark ausgeprägt und hindern Frauen daran, sich gleichberechtigt zu integrieren.
Schlussfolgerung: Eine Herausforderung für die Zukunft
Die Schweizer Armee steht vor einer massiven Herausforderung, wenn es darum geht, Frauen zu fördern und eine integrative Umgebung zu schaffen. Die aktuellen Zahlen lassen darauf schliessen, dass tief verwurzelte Vorurteile und unangemessene Strukturen im Militärsystem nach wie vor bestehen. Eine offene und ehrliche Diskussion über sexuelle Belästigung und unangemessene Ausrüstung ist notwendig, um einen nachhaltigen Wandel zu erreichen.
Die Dokumentation von SRF bietet einen aufschlussreichen Einblick in die Herausforderungen, mit denen Frauen in der Armee konfrontiert sind, und verdeutlicht, dass Bildung und Sensibilisierung unerlässlich sind, um die Akzeptanz und Integration von Frauen in militärischen Strukturen zu verbessern. Es erfordert entschlossenes Handeln sowohl von der Armee als auch von der Gesellschaft, um sicherzustellen, dass Frauen in der Schweizer Armee die gleiche Möglichkeit zur Entfaltung ihrer Fähigkeiten und Talente erhalten, wie ihre männlichen Kollegen.