Solarinitiative Schweiz: Ein historischer Schritt – aber …

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Solarinitiative Schweiz: Ein historischer Schritt – aber ohne Speicher droht die Energiewende zu scheitern

Von der Redaktion Nachhaltiger24.ch – Oktober 2025


Ein Lichtblick für die Energiewende

Mit der Solarinitiative der Grünen Schweiz hat die Energiewende im Land neuen Rückenwind erhalten. Das Ziel ist ambitioniert und klar formuliert: Auf allen geeigneten Dächern, Fassaden und bestehenden Infrastrukturen – von Parkhäusern bis Bahnhöfen – sollen künftig Solaranlagen Pflicht werden.

Die Initiative soll sicherstellen, dass die Schweiz ihr riesiges ungenutztes Potenzial für Solarstrom ausschöpft. Heute werden Schätzungen zufolge weniger als 10 % der möglichen Dach- und Fassadenflächen tatsächlich genutzt. Dabei könnte die Schweiz – rein technisch – ihren gesamten Strombedarf mit Photovoltaik decken.

Doch während die Initiative zurecht gefeiert wird, enthält sie eine entscheidende Lücke: Die Pflicht zum Energie­speicher fehlt. Ohne sie droht der Ausbau der Solarkraft zu einem teuren und ineffizienten Flickwerk zu werden.


Was die Solarinitiative fordert

Die im Juni 2024 lancierte Initiative verlangt, dass:

  • alle Neubauten künftig mit Solaranlagen ausgestattet werden,
  • bestehende Gebäude innerhalb von 15 Jahren nachgerüstet werden,
  • Härtefälle (z. B. denkmalgeschützte Gebäude) ausgenommen sind,
  • der Bund und die Kantone Finanzierungs- und Fördermodelle bereitstellen.

Damit würde die Schweiz zum Vorreiter einer flächendeckenden Solarproduktion – ein starkes Signal für Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Energieunabhängigkeit.


Warum die Initiative richtig und notwendig ist

Die Schweiz bezieht heute noch immer einen großen Teil ihrer Energie aus Importen fossiler Brennstoffe. Jeder Ausbau von Solarenergie reduziert diese Abhängigkeit – und senkt den CO₂-Ausstoss.
Zudem schafft Solarenergie lokale Wertschöpfung: Installateure, Elektriker, Ingenieure und Planer profitieren direkt vom Boom.

Auch ökologisch gibt es kaum Gegenargumente:

  • Solarmodule benötigen wenig Fläche.
  • Sie sind nach 20–25 Jahren fast vollständig recycelbar.
  • Sie erzeugen im Betrieb keinerlei Emissionen.

Kurz gesagt: Die Solarinitiative ist der richtige Weg – aber sie ist noch nicht vollständig zu Ende gedacht.


Der blinde Fleck: fehlende Speicherpflicht

Energieerzeugung ist das eine – Energieverfügbarkeit das andere.
Solarstrom fällt vor allem mittags an, wenn die Sonne scheint. Der Stromverbrauch in der Schweiz ist aber morgens und abends am höchsten. Ohne ausreichend Speicherlösungen verpufft der grösste Teil des Solarstroms, wenn er nicht gerade gebraucht wird.

Das bedeutet:

  • Überproduktion am Mittag → Netzüberlastung
  • Strommangel am Abend → Import aus dem Ausland
  • Ergebnis: höhere Kosten, ineffiziente Netze und Abhängigkeit bleibt bestehen

Die Schweiz erlebt dieses Dilemma bereits heute. Während an sonnigen Sommertagen Überschussstrom exportiert wird, müssen im Winter oder bei Dunkelflauten teuer Gaskraftwerke und Atomstrom aus Nachbarländern bezogen werden.

Ohne verpflichtende Speicherlösungen – ob als Hausbatterien, Quartierspeicher oder Pumpspeicherwerke – bleibt der Traum der Eigenversorgung ein halbes Versprechen.


Warum fehlende Speicher die Energiewende verteuern

Die fehlende Pflicht zur Speicherung ist nicht nur technisch ein Problem – sie macht die Energiewende auch deutlich teurer:

  1. Netzüberlastung & Rückspeiseverluste
    Wenn viele Anlagen gleichzeitig einspeisen, steigt der Druck auf lokale Netze. Netzbetreiber müssen aufrüsten – auf Kosten der Allgemeinheit.
  2. Billiger Export – teurer Import
    Überschussstrom wird oft zu Dumpingpreisen exportiert, während in Mangelzeiten teurer importiert werden muss.
    → Die Schweiz verschenkt Energie, um sie später teuer zurückzukaufen.
  3. Ungenutzte Eigenproduktion
    Ohne Speicher können Privathaushalte ihren Eigenverbrauch nicht optimieren. Das senkt die Wirtschaftlichkeit und verlängert die Amortisationszeit.
  4. Verpasste Chance auf Autarkie
    Speicher schaffen Unabhängigkeit – von Wetter, Netzschwankungen und geopolitischen Krisen. Fehlt der Speicher, bleibt Abhängigkeit bestehen.

Die Lösung: Solar + Speicher als Standard

Wenn die Schweiz ihre Energiewende ernst meint, muss das Prinzip „Speicher gehört zur Solaranlage“ gesetzlich verankert werden.

Konkret:

  • Jede neue oder nachgerüstete Solaranlage über einer bestimmten Leistung (z. B. > 3 kWp) sollte einen Speicheranteil von mindestens 1 kWh pro kWp installierter Leistung umfassen.
  • Förderprogramme müssen kombinierte Lösungen priorisieren – nicht nur Solarpanels.
  • Der Bund sollte Anreize für regionale Speicherpools schaffen (Quartierspeicher, E-Auto-Bidirektionalität, lokale Batteriezentren).

Damit würde Solarstrom planbar, flexibel und netzdienlich.
Deutschland, Österreich und Teile Italiens haben diese Entwicklung längst eingeleitet – mit klar positiven Effekten auf Stabilität und Kosten.


Beispiel aus der Praxis: Zendure, Growatt & Co.

Der Markt zeigt längst, wie Speicherlösungen den Solarstrom aufwerten.
Systeme wie Zendure SolarFlow oder Growatt NOAH 2000 kombinieren Balkon- oder Hausanlagen mit intelligenter Speicherung und Steuerung.

Der Eigenverbrauch steigt dabei von 25 % auf bis zu 75 % – der Nutzer verbraucht also drei Viertel seines erzeugten Stroms selbst, statt ihn billig ins Netz zu speisen.

Genau hier müsste die Solarinitiative ansetzen:
Wer Solarpflicht fordert, muss auch sicherstellen, dass die erzeugte Energie sinnvoll genutzt wird – und nicht am falschen Ort oder zur falschen Zeit verpufft.


Wirtschaftlicher Hebel statt Belastung

Eine Speicherpflicht wäre kein Nachteil, sondern ein Wirtschaftsprogramm:

  • Sie schafft neue Arbeitsplätze in Installation, Batterieproduktion und Softwareentwicklung.
  • Sie reduziert die Importabhängigkeit.
  • Sie senkt langfristig Netz- und Systemkosten.

Zudem könnten Speicher gemeinschaftlich genutzt werden – etwa in Mehrfamilienhäusern oder Quartieren. Dadurch sinken die Kosten pro Kilowattstunde, und die lokale Energieversorgung wird resilienter.


Politische Verantwortung: Vom Symbol zur Systemlösung

Die Grünen haben mit der Solarinitiative einen wichtigen Stein ins Rollen gebracht – aber das Fundament bleibt unvollständig.
Die Politik darf sich nicht auf Photovoltaik allein verlassen, sondern muss die gesamte Energiearchitektur denken:

  • Erzeugung
  • Speicherung
  • Verteilung
  • Verbrauch

Nur wenn alle vier Elemente zusammenspielen, wird aus einem Symbolprojekt eine nachhaltige Lösung.


Fazit: Die Sonne allein reicht nicht

Die Solarinitiative ist ein notwendiger und längst überfälliger Schritt in Richtung einer klimafreundlichen, unabhängigen Energieversorgung der Schweiz.
Doch ohne verpflichtende Speicherlösungen droht die Wende zu scheitern – technisch, wirtschaftlich und sozial.

Die Schweiz braucht nicht nur mehr Solarpanels, sondern auch mehr Intelligenz im System: Batterien, Quartierspeicher, smarte Steuerung, netzstabile Einspeisung.

Erst wenn Sonnenenergie auch dann verfügbar ist, wenn die Sonne nicht scheint, wird sie zum Rückgrat einer nachhaltigen Zukunft.


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Redaktion schreibt bei Nachhaltiger24 über erneuerbare energien (wind/wasser) – mit Fokus auf praxisnahe Tipps, fundierte Quellen und Schweizer Rahmenbedingungen.

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