Die Gewalt unter Jugendlichen in der Schweiz nimmt besorgniserregende Ausmasse an. Jüngste Vorfälle, wie die brutale Attacke auf einen Viertklässler in Dottikon und die Übergriffe auf Feuerwehrmänner in Frick, zeigen, dass der Radikalismus und die Gewalttaten unter Teenagern zunehmen. Jugendpsychologe Felix Hof warnt vor einer alarmierenden Entwicklung und erklärt die Hintergründe dieses Phänomens.
Brutale Übergriffe im Aargau
Am Montag ereignete sich in Dottikon AG ein Vorfall, bei dem ein Viertklässler so heftig in einem Postauto verprügelt wurde, dass er ohnmächtig wurde und eine Nacht im Spital verbringen musste. Nur einen Tag zuvor, in Frick AG, schlug ein Jugendlicher zwei Feuerwehrmänner. Diese Vorfälle sind nur die Spitze des Eisbergs, denn laut Felix Hof beobachten Fachleute eine Zunahme von Gewalt unter Kindern und Jugendlichen, die immer brutaler wird.
Die Suche nach dem Kick in der Gewalt
Felix Hof hebt hervor, dass besonders Jugendliche im Alter von 15 bis 16 Jahren durch brutale Übergriffe, Schlägereien und Körperverletzungen auffallen. Sie verherrlichen Gewalt zunehmend und suchen gezielt den Nervenkitzel in solchen Taten. „Sie konsumieren Gewaltgeschichten über Social Media und andere Medien, was zu einer verstärkten Verherrlichung von Gewalt führt“, erklärt Hof. Für viele Jugendliche ist Gewalt heute ein Reiz, der für denselben Nervenkitzel sorgt wie frühere Freizeitbeschäftigungen wie Partys oder Alkohol. „Teenies provozieren und verletzen gezielt andere, um diesen Kick zu erhalten“, so der Psychologe.
Gesellschaftliche Reaktionen: Eine kollektive Ohnmacht
Besonders alarmierend ist die Reaktion der Gesellschaft auf diese Gewalttaten. Hof beobachtet, dass Passanten oft teilnahmslos bleiben, selbst wenn evidente Körperverletzung droht. „Ich habe selbst erlebt, dass niemand eingreift, obwohl klar ist, dass es gleich zu einer Körperverletzung kommen wird“, betont er. Diese Teilnahmslosigkeit ist Ausdruck einer tieferliegenden gesellschaftlichen Entwicklung. „Es herrscht eine Art kollektive Ohnmacht. Viele haben Gewalt als Teil des Alltags akzeptiert“, so Hof weiter.
Die Gründe für das Wegschauen sind vielseitig. Menschen haben Angst vor möglichen Konsequenzen, da Täter oft in Gruppen auftreten und aggressiv wirken. „Es ist nachvollziehbar, dass Erwachsene aus Selbstschutz nicht eingreifen, aber diese Reaktion ist trotzdem bedenklich“, warnt Hof. Zudem sei vielen nicht bewusst, dass sie durch ihr Nicht-Handeln mitverantwortlich sind für die Zunahme dieser Gewalt.
Machtspiele mit Autoritäten
Heute scheinen viele Teenager an einem gefährlichen Spiel mit Autoritäten, wie Feuerwehr, Polizei und anderen Institutionen, teilzunehmen. Hof beschreibt dies als „Kräftemessen mit dem Staat“. Für die Jugendlichen ist dieses Verhalten oft reizvoll und hat einen Bezug zur Orientierungslosigkeit vieler junger Menschen. „Es fehlen ihnen klare Vorbilder, die für Werte einstehen und mit ihnen den Dialog suchen“, sagt er. In Abwesenheit solcher Leitfiguren suchen die Jugendlichen die Reibung an anderen, was auch zur Gewaltanwendung führen kann.
Notwendige Reaktionen von Gesellschaft und Familien
Die Vorfälle in Dottikon und Frick lassen erkennen, wie dringend es ist, dass Gesellschaft, Schulen und Familien auf diese Entwicklung reagieren. Es muss verhindert werden, dass Gewalt zur Normalität wird. Der Dialog innerhalb der Familien ist entscheidend. „Eltern müssen ihre Kinder aufklären und mit ihnen über Gewalt sprechen“, fordert Hof. Zudem sollten Schulen präventive Massnahmen ergreifen und eine Kultur schaffen, in der Gewalt nicht akzeptiert wird.
Prävention und Intervention
Um der Gewalt unter Jugendlichen entgegenzuwirken, sind präventive Massnahmen unerlässlich. Hierzu gehört die Förderung von sozialen Kompetenzen, der Aufbau von Konfliktlösungstechniken und die Möglichkeit für Jugendliche, sich in sicheren Rahmen zu bewegen, in denen sie ihre Emotionen ausdrücken können. Programme, die Gewaltprävention in Schulen und Gemeinschaften fokussieren, könnten helfen, einen positiven Einfluss auf die Jugendlichen auszuüben.
Darüber hinaus sollten auch politische Massnahmen getroffen werden. „Es ist wichtig, dass das Thema Gewalt unter Jugendlichen stärker in die öffentliche Diskussion einfliesst“, fordert Hof. Anerkennung und Diskussion über die Ursachen und Zusammenhänge von Gewaltausbrüchen sind notwendig, um künftig effektiver reagieren zu können.
Fazit
Die Zunahme brutaler Jugendgewalt ist ein ernstes gesellschaftliches Problem. Die Fälle in Dottikon und Frick sind alarmierende Beispiele dafür, wie Jugendliche Gewalt als Teil ihres Alltags akzeptieren und sogar suchen. Es liegt an der Gesellschaft, Schulen und Familien, sich aktiv gegen diese Entwicklung zu stellen und präventiv zu handeln, um Jugendlichen eine positive und gewaltfreie Perspektive zu bieten. Nur durch gemeinsames Handeln können wir hoffen, die Spirale der Gewalt zu durchbrechen und einen sicheren Raum für junge Menschen zu schaffen.

