Seit diesem Jahr gewinnt in der Schweiz eine Initiative gegen Katzen an Fahrt, die zunehmend zur Spaltung beiträgt und eine feindselige Stimmung, gegenüber den „Büsis,“ schürt. Dabei wird behauptet, die Katzenpopulation – geschätzt auf knapp unter 2 Millionen – würde jährlich etwa 30 Millionen Vögel erlegen, was bedeutet, dass jede Katze im Schnitt 15 Vögel pro Jahr fängt. Diese Zahl ist jedoch übertrieben bzw. frei erfunden und basiert grösstenteils auf Annahmen und Schätzungen der Initiative, die sich jedoch in der Realität nicht bestätigen lassen.
Ich selbst lebe seit Jahren in ländlichen Gebieten und wohne derzeit am Ortsrand von Laupen, in direkter Nähe zum Wald. Hier gibt es zahlreiche Katzen, und ich beobachte täglich ihre Aktivitäten – sei es bei meinen Spaziergängen mit dem Hund oder von meinen Fenstern aus. Bei etwa 30 bis 40 Katzen in meiner Umgebung konnte ich im gesamten letzten Jahr nur zweimal Spuren eines erlegten Vogels feststellen. Die Realität zeigt also, dass die Schätzungen der Initiatoren deutlich überzogen sind. Während es vorkommt, dass Katzen gelegentlich ein Nest plündern oder einen Vogel fangen, jagen sie in der Regel eher Mäuse.
Selbst wenn wir die Schätzung von 30 Millionen erlegten Vögeln akzeptieren, könnte man argumentieren, dass Katzen durchaus auch einen positiven Einfluss haben: Diese Vögel konsumieren jährlich eine immense Anzahl an Insekten – bis zu fünf Billionen. Angesichts des Insektensterbens tragen Katzen so zur Erhaltung eines ökologischen Gleichgewichts beitragen und die Biodiversität indirekt unterstützen. Tatsächlich gibt es in der Schweiz in den letzten Jahren einen positiven Trend bei den Vogelpopulationen, also mehr Vögel, während die Insektenzahlen rückläufig sind, was die übertriebene Panikmache gegen Katzen als Verursacher von Biodiversitätsverlust widerlegt.
Die Argumente der Verfasser der Initiative erscheinen daher überzogen und wenig fundiert. Die Natur und das Ökosystem basieren auf einem empfindlichen Gleichgewicht, das durch einseitige Schuldzuweisungen und Panikmache nicht gestützt, sondern gestört wird. Entgegen den Bedenken über potenzielle ökologische Auswirkungen gibt es zahlreiche Argumente, die für die Haltung und den Schutz von Katzen sprechen.
1. Katzen und das menschliche Wohlbefinden
Studien zeigen, dass Katzen das psychische Wohlbefinden ihrer Besitzer erheblich verbessern. Ihr Schnurren wirkt beruhigend, senkt den Blutdruck und kann stresslindernd wirken. Besonders in Zeiten sozialer Isolation, wie während der COVID-19-Pandemie, waren Haustiere wie Katzen für viele Menschen eine wertvolle Quelle der Gesellschaft und emotionalen Unterstützung. Ihre beruhigende Präsenz kann zudem Menschen mit Angststörungen oder Depressionen helfen.
2. Katzen als Schädlingsbekämpfer
Katzen tragen zur Kontrolle der Nagetierpopulation bei und sind seit Jahrhunderten wichtige Verbündete in der Schädlingsbekämpfung. In ländlichen Gebieten und auf Bauernhöfen verhindern sie die Vermehrung von Mäusen und Ratten, die Ernten oder gelagerte Lebensmittel kontaminieren könnten. Diese Funktion hat sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Vorteile und reduziert die Notwendigkeit für chemische Schädlingsbekämpfungsmittel.
3. Positive Auswirkungen auf die Biodiversität durch die Begrenzung invasiver Arten
Obwohl Hauskatzen gelegentlich Wildtiere jagen, können sie tatsächlich dazu beitragen, invasive Nagetiere, die ebenfalls eine Bedrohung für lokale Arten darstellen, zu kontrollieren. Katzen regulieren die Population solcher invasiven Arten, die besonders in städtischen Umgebungen Probleme verursachen könnten. Die natürliche Jagd von Katzen kann also in bestimmten Fällen zur Erhaltung der ökologischen Balance beitragen, ohne das Gleichgewicht zu stören.
4. Kulturelle und soziale Bedeutung der Katze
Katzen haben nicht nur in der westlichen Welt, sondern auch in vielen anderen Kulturen eine tiefe historische und kulturelle Bedeutung. Sie werden oft mit Glück, Schutz und sogar spiritueller Bedeutung assoziiert. Diese kulturelle und emotionale Verbindung stärkt die Mensch-Tier-Beziehung und macht die Katze zu einem wertvollen Bestandteil vieler Kulturen. Ihr Status als Symbol für Mystik und Schutz hat die Menschheit über Jahrhunderte hinweg begleitet und beeinflusst auch heute noch unsere Gesellschaft.
5. Reduktion von Isolation und Förderung sozialer Interaktion
Für ältere Menschen oder Personen, die in Isolation leben, bieten Katzen eine Möglichkeit zur Gesellschaft und sind oft ein Anreiz für soziale Interaktionen. Viele Katzenbesitzer berichten, dass ihre Haustiere helfen, Einsamkeit zu lindern und Freude in ihren Alltag zu bringen. Darüber hinaus fördern Tiergemeinschaften wie Katzen-Cafés oder Online-Gruppen die Interaktion zwischen Katzenfreunden und stärken so das soziale Miteinander.
Zusammenfassung
Hauskatzen bieten einen bedeutenden Mehrwert für viele Menschen und das Ökosystem. Ihr positiver Einfluss auf die psychische Gesundheit und ihr Beitrag zur Schädlingskontrolle überwiegen in vielen Fällen die potenziellen Herausforderungen, die eine wachsende Katzenpopulation mit sich bringen könnte. Mit einer verantwortungsvollen Pflege und Kastration können Hauskatzen ohne Bedenken in unsere Gesellschaft integriert werden, um weiterhin als treue Begleiter und ökologisch nützliche Tiere zu fungieren.