Der Igel in der Schweiz – Bedrohung und Schutzmassnahmen
Der Igel, eines der bekanntesten Wildtiere der Schweiz, steht in Europa seit Jahrtausenden im Zentrum der Aufmerksamkeit. Mit seinem stacheligen Äusseren und seinem Verhalten hat er sich als ein Symbol für Unabhängigkeit und Anpassungsfähigkeit etabliert. Doch trotz seiner Anpassungsfähigkeit sehen sich Igel in der Schweiz mittlerweile einem drastischen Rückgang gegenüber, was dazu geführt hat, dass der Igel auf die Rote Liste der bedrohten Tierarten aufgenommen wurde. Die Ursachen sind vielfältig, doch ein gemeinsamer Nenner ist dabei offensichtlich: der Verlust von Lebensraum und die zunehmende Fragmentierung seiner Umwelt. In diesem Beitrag wird untersucht, warum der Igel in der Schweiz bedroht ist, welche Faktoren seinen Lebensraum beeinflussen und wie Privatpersonen zum Schutz des Igels beitragen können.
Die Biologie des Igels und sein Lebensraum
Der Europäische Igel (Erinaceus europaeus) ist eine nachtaktive Spezies, die sich hauptsächlich von Insekten, Würmern und anderen kleinen Wirbellosen ernährt. Igel leben bevorzugt in abwechslungsreichen Lebensräumen mit einem hohen Anteil an Unterholz, Hecken und Wiesen, die ausreichend Nahrung und Schutz bieten. In urbanen und suburbanen Gebieten haben sich Igel aufgrund des Nahrungsangebots und der relativen Sicherheit vor natürlichen Feinden zunehmend angesiedelt. Die urbanen Grünflächen wie Gärten, Parks und Friedhöfe bieten ideale Bedingungen für ihre Nahrungssuche und Nestbauaktivitäten.
Der natürliche Lebensraum des Igels wird jedoch zunehmend durch menschliche Eingriffe eingeschränkt und fragmentiert. Strassen, landwirtschaftlich intensiv genutzte Flächen und Industriegebiete zerschneiden die natürlichen Bewegungsräume der Igel. Die Siedlungsdichte wächst, was oft dazu führt, dass natürliche Hecken, Sträucher und Bodendecker entfernt und durch versiegelte Flächen oder intensive Gartenpflege ersetzt werden. Da Igel nachtaktive Tiere sind, haben sie eine stark ausgeprägte räumliche Orientierung und sind auf zusammenhängende Lebensräume angewiesen, um ihre Nahrungs- und Paarungspartner zu finden.
Bedrohung durch den Verlust des Lebensraums
Die wichtigste Ursache für den Rückgang der Igelpopulationen in der Schweiz ist der Verlust und die Zerstörung ihres Lebensraums. Im Verlauf der letzten Jahrzehnte ist der Flächenverbrauch in urbanen und ländlichen Regionen massiv angestiegen. Naturflächen weichen zunehmend der Landwirtschaft, Bauprojekten oder Gewerbeflächen. Auch der Strukturwandel in der Landwirtschaft hat zur Verdrängung des Igels beigetragen: Monokulturen und der Einsatz von Pestiziden reduzieren die Vielfalt an Insekten, die eine wichtige Nahrungsquelle für Igel darstellen. Der Rückgang der Insektenpopulation führt somit indirekt auch zur Bedrohung des Igels.
Hinzu kommt die Fragmentierung des Lebensraums. Strassen und Schienenwege durchschneiden ehemals zusammenhängende Lebensräume und stellen für die Igel eine grosse Gefahr dar. Viele Igel werden überfahren, da sie nachts Strassen überqueren, um nach Nahrung zu suchen oder sich einen neuen Lebensraum zu erschliessen. Im urbanen Raum führen Zäune, Mauern und versiegelte Flächen zusätzlich zu einer Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit.
Weitere Gefahren für den Igel
Zusätzlich zum Lebensraumverlust und zur Fragmentierung sind Igel weiteren Gefahren ausgesetzt, die ihren Bestand gefährden. Dazu zählen:
- Pestizide und chemische Stoffe: Der Einsatz von Insektiziden und anderen chemischen Mitteln in der Landwirtschaft und Gartenpflege führt zu einem Rückgang der Nahrungsbasis des Igels. Zudem können Igel durch den Verzehr vergifteter Insekten indirekt chemische Stoffe aufnehmen, was ihre Gesundheit beeinträchtigt.
- Krankheiten und Parasiten: Der Lebensraumverlust führt dazu, dass Igelpopulationen dichter zusammenrücken, was die Ausbreitung von Krankheiten und Parasiten begünstigt. Krankheiten wie das Wobbly-Hedgehog-Syndrom und die Anfälligkeit für Parasiten wie Zecken und Flöhe können die Population schwächen.
- Hausgärten und Freizeitgärten: Auch im privaten Bereich können sich potenzielle Gefahren für den Igel verstecken. Gartengeräte wie Rasenmäher und Freischneider können für Igel tödlich sein. Laubhaufen, die von Igeln gerne als Unterschlupf genutzt werden, werden oft versehentlich geräumt oder verbrannt, wodurch Igel verletzt oder getötet werden.
Massnahmen zum Schutz des Igels
Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, wie Privatpersonen dazu beitragen können, den Lebensraum des Igels zu schützen und seine Lebensbedingungen zu verbessern. Viele dieser Massnahmen lassen sich einfach im eigenen Garten oder auf privaten Grünflächen umsetzen:
- Naturnahe Gartengestaltung: Ein igelfreundlicher Garten ist abwechslungsreich gestaltet und bietet Verstecke und Nahrungsquellen. Der Verzicht auf chemische Pestizide und die Förderung einer vielfältigen Pflanzenwelt sorgen für ein ökologisches Gleichgewicht und eine reiche Insektenfauna. Durch das Pflanzen von Hecken und das Anlegen von Laub- oder Reisighaufen schaffen Gartenbesitzer sichere Rückzugsorte für Igel.
- Schutz von Laubhaufen: In Laub- und Reisighaufen finden Igel sowohl Unterschlupf als auch Baumaterial für ihre Nester. Diese sollten nicht ohne Vorwarnung entfernt oder verbrannt werden, da sich Igel in ihnen verstecken könnten. Eine einfache Massnahme ist es, Laubhaufen im Herbst an einer ruhigen Stelle im Garten anzulegen und erst im Frühling zu entfernen, wenn die Igel den Unterschlupf verlassen haben.
- Verkehrsberuhigung und Strassenquerungen: An Orten, an denen Igel häufig Strassen überqueren, könnten Zäune, Tunnel oder Verkehrsberuhigungsmassnahmen helfen, die Tiere vor Verkehrsunfällen zu schützen. Die Installation von Wildtunneln unter Strassen könnte die Gefahr reduzieren, dass Igel beim Überqueren von Strassen überfahren werden.
- Freundliche Gartenbeleuchtung: Igel sind nachtaktiv, und zu starke Beleuchtung in den Gärten kann ihr Verhalten und ihre Orientierung beeinträchtigen. Eine dezente, bewegungsgesteuerte Beleuchtung sorgt dafür, dass die Nacht für Igel nicht zu einem Hindernis wird.
- Fütterung und Wasserstellen: Besonders in heissen Sommermonaten kann das Aufstellen von flachen Wasserstellen im Garten hilfreich sein. Wenn zusätzliche Nahrung angeboten wird, sollte dies nur sparsam und nur geeignetes Futter sein, wie Katzennassfutter oder spezielles Igelfutter.
- Ein- und Ausgänge schaffen: Igel legen weite Strecken zurück, um nach Nahrung und Unterschlupf zu suchen. In umzäunten Gärten können kleine Durchgänge geschaffen werden, die es Igeln ermöglichen, ungehindert zu wandern. Ein kleines Loch von etwa 13 cm im Durchmesser reicht aus, um den Garten für Igel zugänglich zu machen.
Die Rolle von Gemeinden und öffentlichen Institutionen
Neben den Massnahmen, die Privatpersonen ergreifen können, spielt auch die öffentliche Hand eine wichtige Rolle im Schutz des Igels. Gemeinden können durch die Förderung naturnaher Grünflächen, das Anlegen von Wildtierkorridoren und den Verzicht auf chemische Pestizide zur Verbesserung der Lebensbedingungen für Igel beitragen. Auch die Einrichtung von Schutzgebieten und das Anlegen von Hecken und Gehölzstreifen in Parks und Friedhöfen helfen dabei, den Igeln ein sicheres und ökologisch ausgewogenes Umfeld zu bieten.
Öffentlichkeitsarbeit und Bildungsprogramme zur Sensibilisierung der Bevölkerung können ebenfalls helfen, das Bewusstsein für die Situation der Igel zu schärfen. Vor allem Schulen könnten Kinder und Jugendliche in den Naturschutz miteinbeziehen und Projekte zur Pflege von Grünflächen oder zur Schaffung von Lebensräumen für Igel fördern.
Fazit: Ein gemeinsames Engagement für den Schutz des Igels
Der Igel steht in der Schweiz vor ernsthaften Herausforderungen, und seine Zukunft hängt massgeblich davon ab, wie schnell und umfassend Massnahmen ergriffen werden, um seinen Lebensraum zu schützen. Der Verlust von Lebensräumen, die Fragmentierung durch Strassen und Bebauung sowie der Rückgang von Nahrungsquellen stellen ernsthafte Bedrohungen dar, die es zu bewältigen gilt. Der Igel ist nicht nur ein wichtiger Bestandteil des Ökosystems, sondern auch ein Indikator für die Gesundheit unserer natürlichen Umwelt.
Ein gemeinsames Engagement von Privatpersonen, Gemeinden und Institutionen kann dazu beitragen, dem Igel in der Schweiz wieder mehr Lebensraum und Schutz zu bieten. Ein naturnah gestalteter Garten, eine durchdachte Verkehrsplanung und der Verzicht auf schädliche Pestizide sind erste Schritte in die richtige Richtung. Der Schutz des Igels ist nicht nur eine Frage des Artenschutzes, sondern auch eine Gelegenheit, unsere Umwelt bewusster und nachhaltiger zu gestalten. Einmal sensibilisiert, können wir alle dazu beitragen, dass der Igel nicht nur überlebt, sondern auch in Zukunft eine wichtige Rolle im ökologischen Gefüge der Schweiz spielt.