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Auf der FluchtEx-Wirecard-Chef Jan Marsalek: So lebt er heute in Moskau
Der gesuchte Ex-Manager lebt unbehelligt in Russland – unter falschem Namen, mit neuer Partnerin und offenbar im Dienst des FSB.
Darum geht’s
- Der flüchtige Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek lebt in Moskau.
- Er soll dort als Agent für den russischen Geheimdienst FSB arbeiten.
- Marsalek nutzt Alias-Identitäten und reiste wohl in die Ostukraine.
Fotos, Bewegungsprofile und gefälschte Papiere zeichnen ein klares Bild: Jan Marsalek, einer der meistgesuchten Männer Europas, hat sich in Moskau ein neues Leben aufgebaut. Fünf Jahre nach dem Zusammenbruch des Dax-Konzerns Wirecard lebt der Ex-Vorstand unbehelligt in Russland – als vermeintlicher Agent im Dienst des russischen Geheimdienstes, geschützt vom Kreml und ausserhalb der Reichweite westlicher Behörden.
Was passierte bei Wirecard?
Wie Recherchen von „Spiegel“, ZDF, „Der Standard“, PBS und der russischen Plattform „The Insider“ zeigen, schlendert der Österreicher, der seit Juni 2020 auf der Flucht ist, gelassen durch Moskaus Zentrum, oft an der Hand seiner Partnerin Tatjana Spiridonova. Auch sie, eine 41-jährige Übersetzerin für Türkisch, arbeitet offenbar heute im Dienst des russischen Geheimdienstes FSB.
Jan Marsalek hat russischen Pass
Weitere Bilder zeigen Marsalek im Anzug auf dem Weg zur FSB-Zentrale an der Lubjanka. Den Reportern liegt zudem eine aktuelle Handynummer des 45-Jährigen vor. Zwischen Januar und November 2024 soll sich sein Handy über 300 Mal in unmittelbarer Nähe des FSB-Gebäudes eingeloggt haben. Informanten in Moskau bestätigten demnach, dass Marsalek für den Geheimdienst arbeitet.
Nach Erkenntnissen der Rechercheteams bewegt er sich mit mehreren Alias-Identitäten, darunter ein russischer Pass auf den Namen Alexander Michaelowitsch Nelidov. Datenanalysen deuten ausserdem auf Reisen in die Ostukraine und ins besetzte Mariupol hin. Auf Bildern ist er häufig in Begleitung seiner Freundin zu sehen, bei der er regelmässig im Stadtzentrum wohnt.
Bandenmässiger Betrug
Bereits im März 2024 hatten „Spiegel“, ZDF, „Der Standard“ und „The Insider“ unter Berufung auf westliche Geheimdienste berichtet, dass Marsalek seit Jahren enge Verbindungen zu russischen Diensten unterhalte.
Der Zusammenbruch von Wirecard gilt als einer der grössten Finanzskandale der deutschen Nachkriegsgeschichte. Marsalek begann 2000 beim Unternehmen zu arbeiten und rückte 2010 in den Vorstand auf, wo er insbesondere das Asiengeschäft verantwortete. Die Münchner Staatsanwaltschaft wirft ihm bandenmässigen Betrug, Untreue in besonders schwerem Fall sowie weitere Wirtschaftsdelikte vor.