Netzengpässe in Indien: Hindernisse für den Ausbau erneuerbarer Energien

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Der indische Energiesektor steht vor ernsthaften Herausforderungen, die die Umsetzung seiner ehrgeizigen Ziele im Bereich erneuerbare Energien gefährden. Laut einem neuen Bericht der IEEFA South Asia und JMK Research bleibt die Entwicklung des Stromübertragungsnetzes hinter dem schnellen Wachstum der erneuerbaren Energien zurück. Diese Diskrepanz hat zu erheblichen Projektverzögerungen und Kostensteigerungen geführt, die sich negativ auf die Fähigkeit Indiens auswirken, seine Klimaziele zu erreichen.

Der Ausbau des indischen Übertragungsnetzes hält laut IEEFA und JMK Research nicht mit dem schnellen Wachstum der erneuerbaren Energien Schritt. Bild: Tata Power.

Überblick über die Situation

Im Juni 2023 wurden in Indien über 50 GW an Kapazitäten für erneuerbare Energien aufgrund von Übertragungsengpässen nicht genutzt. Diese Erkenntnis stammt aus dem kürzlich veröffentlichten Bericht, der die Lücken zwischen dem geplanten und dem tatsächlich umgesetzten Ausbau des Übertragungsnetzes beleuchtet. Der Bericht zeigt, dass die Zubauten beim Inter-State Transmission System (ISTS) auf dem niedrigsten Stand seit einem Jahrzehnt sind und dass der jährliche Zubau von Übertragungsleitungen seit 2019 hinter den Erwartungen zurückbleibt.

Hauptursachen für die Engpässe

Der Bericht identifiziert mehrere Faktoren, die zu den aktuellen Engpässen im Übertragungsnetz führen:

  • Spekulative Anhäufung von Übertragungskapazitäten: Viele Unternehmen haben Übertragungskapazitäten angesammelt, ohne echte Projektabsichten zu verfolgen, was die Preise in die Höhe treibt und den Zugang für rentablere Projekte verlangsamt.
  • Wegerechtsprobleme: Schwierigkeiten beim Land- und Rechtsverkauf sowie langwierige Genehmigungsverfahren behindern den Fortschritt.
  • Technologische und infrastrukturelle Einschränkungen: Mangelnde Ausrüstung und ineffiziente Genehmigungsprozesse verzögern die Inbetriebnahme neuer Übertragungsleitungen.

Die Herausforderung der Energieerzeugung

Ein zentrales Problem ist die Diskrepanz zwischen der variablen Erzeugung von Solarenergie und dem tatsächlichen Verbrauchsmuster. Während Solarenergie in den Nachmittagsstunden in grossen Mengen erzeugt wird, sinkt die Produktion in den Abendstunden, wenn die Nachfrage häufig am höchsten ist. Diese Lücke behindert die Integration erneuerbarer Energien und führt zu einer Unterauslastung der Übertragungskorridore.

Besondere Probleme in Rajasthan

Eine Region, die besonders betroffen ist, ist der Bundesstaat Rajasthan, wo 8 GW an Kapazitäten für erneuerbare Energien ungenutzt bleiben. Fast die Hälfte dieser Kapazitäten wird während der Spitzenzeiten der Sonnenproduktion gedrosselt. Der verzögerte Ausbau des Associated Transmission System, das speziell für neue Erzeugungsprojekte entwickelt wurde, verstärkt die Probleme und treibt die Kosten in die Höhe.

Vorschläge zur Verbesserung

Um die gegenwärtigen Herausforderungen zu bewältigen, schlagen IEEFA und JMK mehrere Massnahmen vor:

  • Einheitlicher Planungsrahmen: Ein integrierter Ansatz zur Planung von Erzeugung und Übertragung könnte die Zeitpläne und Standorte neuer Kapazitäten besser aufeinander abstimmen.
  • Kapitalmobilisierung und Effizienzsteigerung: Regulierungsreformen zur Verbesserung der Betriebseffizienz sind notwendig.
  • Integration von Energiespeichersystemen: In Regionen mit hohem Anteil erneuerbarer Energien sollte der Fokus auf der Einbindung von Energiespeichertechnologien liegen.
  • Zentrales Genehmigungssystem: Ein vereinfachtes Genehmigungssystem könnte die Prozesse für Land- und Wegerechtsgenehmigungen effizienter gestalten.
  • Leistungsbasierte Anreize: Anreize, die an Kennzahlen zur Auslastung der Anlagen gekoppelt sind, können die rechtzeitige Inbetriebnahme fördern.

Fazit: Dringender Handlungsbedarf

Der Bericht der IEEFA und JMK Research schliesst mit der Warnung, dass ohne gezielte Reformen die bestehende Disparität zwischen der Inbetriebnahme von Stromerzeugungsanlagen und der erforderlichen Infrastruktur zur Evakuierung der erzeugten Energie auch in Zukunft zu Engpässen führen wird. Dies könnte die Fortschritte Indiens bei der Erreichung seiner Dekarbonisierungsziele massiv verlangsamen. Um die ehrgeizigen Ziele im Bereich erneuerbare Energien zu erreichen, ist es entscheidend, die Herausforderungen im Übertragungsnetz schnell und effizient zu adressieren.

Der Ausbau des indischen Übertragungsnetzes hält laut IEEFA und JMK Research nicht mit dem schnellen Wachstum der erneuerbaren Energien Schritt. Bild: Tata Power.
Lukas Steiner
Lukas Steiner
Lukas Steiner schreibt bei Nachhaltiger24 über e-mobilität – mit Fokus auf praxisnahe Tipps, fundierte Quellen und Schweizer Rahmenbedingungen.

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