Ausbauvision 2045: Schweiz vor Wegscheide — 112 Milliarden Franken, Prioritäten, Konflikte

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Bern / Basel / Schweiz, Oktober 2025 – Der neue ETH-Bericht «Verkehr ’45» sieht vor, dass in den kommenden 20 Jahren bis 2045 rund 500 Verkehrsprojekte mit einem Volumen von etwa 112,7 Milliarden Franken geprüft und priorisiert werden.
Damit steht die Schweiz vor einer Weichenstellung: Welche Grossprojekte sollen mit höchsten Prioritäten ausgebaut werden – und welche müssen auf später verschoben oder ganz gestrichen werden?
Das Basler «Herzstück» ist nur ein Baustein in diesem gross dimensionierten Plan, und sein Schicksal hängt von gewichtigen politischen, finanziellen und verkehrstechnischen Abwägungen ab.
(Diese Zahl basiert auf Medienberichten über das Gutachten.)


Die Ziele von «Verkehr ’45»: Mehr Kapazität, Effizienz, Nachhaltigkeit

Das Gutachten wurde vom Bundesrat in Auftrag gegeben, um bestehende Ausbauprojekte aller Verkehrsträger (Schiene, Strasse, Agglomerationen) zu überprüfen und in eine prioritäre Reihenfolge zu bringen.
Wichtige Leitideen:

  • Die vorhandenen Mittel sind begrenzt — deshalb ist eine Priorisierung notwendig, um Effizienz und Nutzen zu maximieren
  • Der Fokus liegt stärker auf Projekten mit multiplen positiven Effekten (z. B. Entlastung, Zeitgewinne, Umweltwirkung)
  • Nicht alle Wünsche werden umgesetzt: Einige Vorhaben müssen in die Zeit nach 2045 verschoben werden
  • Im Bahnbereich entstehen Mehrkosten von rund 14 Milliarden Franken, wenn bisherige Projekte ohne Anpassungen weitergeführt werden

Der Bundesrat hat das Gutachten zur Kenntnis genommen und beauftragt das UVEK (Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation), eine Variante zu erarbeiten, die mit zusätzlichen finanziellen Mitteln rechnet.


Regionale Verteilung: Wer bekommt wie viel?

Der Gutachterbericht identifiziert die geplanten Projekte nicht als gleich wichtig, sondern ordnet sie in Prioritätsklassen ein. Die regionale Verteilung der Mittel zeigt, wie unterschiedlich die Chancen der Regionen sind:

Region / TeilnetzAnzahl Projekte / InvestitionsbedarfBesonderheiten / Schwerpunktprojekte
Grossraum ZürichViele Projekte, hoher InvestitionsbedarfAusbau Bahnhof Stadelhofen, Zimmerberg-Basistunnel 2, Verdichtung im Zürcher S-/Fernverkehr
Westschweiz (Romandie, Alpenwesten)Viele Projekte im Ost-West-KorridorAusbau Lausanne ↔ Genf, Tiefbahnhof Genf (Cornavin), etc.
Nordwestschweiz / BaselEinige ProjekteRheintunnel für Strasse priorisiert, Herzstück (Bahnausbau) auf spätere Zeit verschoben
Zentral- / InnerschweizWeniger Projekte als in Grossräumen, aber strategisch relevantDurchgangsbahnhof Luzern oder Engpassbehebungen auf Ost-West-Achsen
Süd / AlpenregionKleinere Volumina, oft geografisch schwierige VerbindungenAusbau von Tunnels, Verbindungslinien, Engpassregionen

Basel fühlte sich durch die Bewertung besonders benachteiligt, weil das Rheinstreckenprojekt für Strasse (Rheintunnel) Priorität erhielt, während der Tiefbahnhof und das Herzstück erst in späten Prioritätsstufen geführt werden sollen. Einige lokale Behörden planen, politisch intervenierend Nachkorrekturen zu fordern.


Das Herzstück Basel im Gesamtplan: Chancen, Grenzen, Konflikte

Warum das Herzstück nicht zu den Prioritäten zählt

Der Bericht argumentiert, dass das Herzstück (S-Bahn-Direktverbindung zwischen Badischem Bahnhof und Basel SBB) technisch und finanziell schwierig in den Priorisierungsrahmen 2025–2045 zu integrieren sei.
Kanalprobleme, Gleiszuführungen, Stadtstruktur, Kosten und Komplexität führen dazu, dass das Projekt in eine spätere Zeitschiene verschoben werden soll.

Für Basel heißt das konkret: Während andere Schlüsselprojekte in der Schweiz realisiert werden, bleibt das Herzstück unklar.
Gleichzeitig wird am Rheintunnel für den Strassenausbau weitergearbeitet und als dringlicher eingestuft.

Mögliche Effekte und Risiken für Basel

  • Verschiebung wichtiger Entlastungen im Bahnverkehr
  • Ausbau der Schienenkapazitäten verzögert sich
  • Wahrgenommene Benachteiligung gegenüber anderen Regionen
  • Lokaler Druck auf Politik und Kanton, das Projekt doch noch ins Paket 2026 aufzunehmen

Einige Kantone – allen voran Basel-Stadt und Basel-Landschaft – haben bereits angekündigt, politisch mobil zu werden, um das Projekt in der nächsten Bundesbotschaft unterzubringen.


Weitere Schlüsselprojekte mit hoher Priorität bis 2045

Neben dem Herzstück gibt es Projekte, die der ETH-Bericht als besonders dringlich eingestuft hat:

  • Tiefbahnhof Genf (Cornavin)
  • Ausbau Bahnhof Zürich Stadelhofen (zusätzliches viertes Gleis)
  • Zimmerberg-Basistunnel 2
  • Durchgangsbahnhof Luzern
  • Diverse Engpassbehebungen in Agglomerationen
  • Kapazitätsverlängerungen, Signalisierungsmodernisierungen, wichtige Verbindungsachsen

Diese Projekte werden priorisiert, weil sie relativ hohe Wirkung pro investiertem Franken erzielen – etwa durch höhere Zugzahlen, Verkürzung von Übergangszeit oder Entlastung überlasteter Strecken.


Finanzierungsfragen & politische Stellschrauben

Ein zentraler Hebel ist die Finanzierung: Der Bahn-Infrastrukturfonds (BIF) müssten deutlich aufgestockt werden, damit viele der vorgesehenen Projekte realisierbar sind.
Einige Experten fordern zusätzlich 10 Milliarden Franken an zusätzlichen Mitteln, um Projekte in Westschweiz, Luzern und Basel zu ermöglichen.

Der Bund steht unter Druck: Schuldenbremse, Budgetrestriktionen und politische Interessen konkurrieren mit den teuren Ausbauplänen.

Auch die Rollen von Strasse, Schiene und Agglomerationsverkehr müssen ausbalanciert werden — zu einseitiges Vorgehen könnte lokale Verkehrsströme übersteigen oder Umwelteffekte provozieren.


Fazit mit Ausblick

Die Sicht auf 2045 zeigt: Der Ausbau der Schweizer Verkehrsinfrastruktur ist ein ambitioniertes, komplexes Unterfangen – 112 Milliarden Franken sind nur der Anfang.
Das Herzstück Basel wird in diesem Gesamtpaket zwar nicht prioritär behandelt, doch das bedeutet nicht, dass es auf ewig verschwindet. Sein Schicksal hängt stark von politischem Druck, Finanzierung und strategischer Einordnung ab.

Redaktion
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Redaktion schreibt bei Nachhaltiger24 über erneuerbare energien (wind/wasser) – mit Fokus auf praxisnahe Tipps, fundierte Quellen und Schweizer Rahmenbedingungen.

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