eDNA – Ein revolutionäres Werkzeug zur Überwachung der Biodiversität

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eDNA – Ein revolutionäres Werkzeug zur Überwachung der Biodiversität

Die Welt der Umweltwissenschaften ist geprägt von einer Vielzahl an Begriffen und Technologien, die oft schwer verständlich sind. Eine dieser innovativen Methoden ist die Analyse von Umwelt-DNA, kurz eDNA. Diese Technik hat das Potenzial, die Art und Weise, wie wir die Natur untersuchen und schützen, grundlegend zu verändern.

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Was ist eDNA?

eDNA steht für «environmental DNA» und ist eine Methode, die es Wissenschaftlern ermöglicht, DNA-Proben aus der Umwelt zu sammeln und zu analysieren. Tiere hinterlassen ständig Spuren in ihrer Umgebung – sei es in Wasser, Schnee, Boden oder sogar in der Luft. Diese winzigen genetischen Überreste enthalten Informationen darüber, welche Arten in einem bestimmten Gebiet vorhanden sind, ohne dass direkte Sichtungen notwendig sind.

Wie funktioniert die eDNA-Analyse?

Wissenschaftler können Wasserproben aus Seen, Flüssen oder sogar Staubwolken entnehmen und im Labor analysieren. Anhand der darin enthaltenen DNA-Fragmente können sie bestimmen, welche Arten sich in diesem Lebensraum aufgehalten haben. Diese Methode hat sich als besonders wertvoll erwiesen, um seltene oder schwer zu beobachtende Arten zu identifizieren.

Ali Swanson, Expertin für Naturtechnologie bei Conservation International, erklärt: «eDNA ist hervorragend geeignet, um Arten zu finden, die selten, scheu oder in schwer zugänglichen Gebieten leben. Die Technik funktioniert besonders gut im Wasser, wo sich DNA leicht vermischt und verteilt. Eine einzige Probe kann ein überraschend reichhaltiges Bild des gesamten Wassereinzugsgebiets liefern.»

Welche Arten können mit eDNA nachgewiesen werden?

Die Einsatzmöglichkeiten von eDNA sind extrem vielfältig. Von Fischen und Amphibien über Säugetiere und Vögel bis hin zu Insekten – eDNA kann die DNA von hunderten von Arten in einer einzigen Probe aufdecken. So wurde die Methode erfolgreich eingesetzt, um gefährdete Schneeleoparden zu identifizieren, Tiere am Gipfel des Mount Everest zu überwachen und sogar unbekannte Tiefseearten zu entdecken.

Die Grenzen von eDNA

Trotz ihrer beeindruckenden Fähigkeiten hat eDNA auch Einschränkungen. So zerfällt die DNA in der Umwelt relativ schnell, in der Regel innerhalb weniger Tage. Das bedeutet, dass eDNA hauptsächlich für die Identifizierung aktueller oder kürzlich vorhandener Arten geeignet ist, nicht jedoch für die Rekonstruktion der prähistorischen Artenvielfalt. Dinosaurier-DNA ist also nicht in Sicht!

Beispiele aus der Praxis

Ein konkretes Beispiel für die Anwendung von eDNA findet sich im Alto Mayo-Gebiet in Peru. Dort führten Forscher von Conservation International eine Untersuchung in einem kaum erforschten Teil des Waldes durch. Anstatt jede Tierart persönlich zu sichten, sammelten sie Wasserproben aus Flüssen und Bächen und liessen eDNA die Detektivarbeit leisten. Das Ergebnis war beeindruckend: Sie entdeckten DNA von 261 Wirbeltierarten, viele davon selten oder schwer zu beobachten. Diese Entdeckung trägt nun zur Schaffung eines neuen ökologischen Korridors bei, der Alto Mayo mit anderen geschützten Gebieten verbindet und so den Tieren mehr Lebensraum bietet.

Die Rolle von eDNA im Arten- und Naturschutz

Die Möglichkeit, Arten mithilfe von eDNA zu identifizieren, stellt einen bedeutenden Fortschritt für den Naturschutz dar. Mithilfe solider wissenschaftlicher Beweise können Fundraising-Initiativen unterstützt und neue Schutzmassnahmen für bedrohte Ökosysteme angeregt werden.

Jedoch kann eDNA nicht alle traditionellen Methoden ersetzen. Während die Analyse von Umwelt-DNA hervorragend dafür geeignet ist, Arten zu identifizieren, bleibt es schwierig, die Anzahl der Individuen oder den genauen Zeitpunkt ihres Aufenthalts zu bestimmen. Hier kommen andere Methoden, wie Kamerafallen und akustische Sensoren, ins Spiel.

Integration von eDNA in die Forschungspraxis

Um ein vollständiges Bild eines Ökosystems zu erhalten, ist es entscheidend, eDNA in Kombination mit anderen Methoden zu verwenden. Im Alto Mayo-Gebiet haben die Forscher traditionelles Feldstudium mit eDNA kombiniert, um ihre Ergebnisse zu bestätigen. Diese integrative Herangehensweise führte zur Entdeckung von neuen Arten, darunter eine schwimmende Maus und einen neuartigen «Blobkopf-Fisch».

Ausblick: eDNA für jedermann?

Derzeit sind die meisten eDNA-Analysemethoden noch laborgestützt und erfordern spezielle Ausrüstung und Fachwissen. Es wird jedoch an der Entwicklung schnellerer, kostengünstigerer und tragbarer Methoden gearbeitet. Erste Projekte binden bereits Bürgerwissenschaftler ein, um Proben zu sammeln. Dies könnte die Tür zu einer breiteren Beteiligung der Öffentlichkeit an der Biodiversitätsüberwachung öffnen.

Vielleicht wird es eines Tages möglich sein, mit eDNA selbst im eigenen Garten zu experimentieren und die lokale Biodiversität einfach durch das Entnehmen einer Wasserprobe zu überwachen.

Fazit

Die Analyse von eDNA stellt eine bahnbrechende Methode dar, um die Artenvielfalt zu überwachen und zu schützen. Sie bietet wertvolle Einblicke in die tierischen Bewohner eines Ökosystems, ohne dass eine direkte Sichtung erforderlich ist. Obwohl die Methode nicht alle traditionellen Forschungsansätze ersetzen kann, ist sie eine wertvolle Ergänzung, die das Potenzial hat, den Naturschutz nachhaltig zu unterstützen.

Redaktion
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Redaktion schreibt bei Nachhaltiger24 über erneuerbare energien (wind/wasser) – mit Fokus auf praxisnahe Tipps, fundierte Quellen und Schweizer Rahmenbedingungen.

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