Jungparteien drängen auf Demokratiereform: Senkung des Stimmrechtsalters und neue Modelle gegen die Dominanz älterer Wähler

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Einleitung

In der Schweiz wächst die Debatte über die Ungleichgewichte in der Demokratie. Die Stimme der über 65-Jährigen hat bei Abstimmungen ein deutlich grösseres Gewicht als jene der unter 30-Jährigen. Dies liegt nicht nur an der zahlenmässigen Überlegenheit der Babyboomer-Generation, sondern auch daran, dass ältere Menschen doppelt so oft an die Urne gehen. Aktuelle Statistiken des Bundesamts für Statistik (BFS) zeigen, dass die Beteiligung an nationalen Abstimmungen bei den über 65-Jährigen bei rund 60 Prozent liegt, während sie bei den 18- bis 29-Jährigen oft unter 30 Prozent beträgt. Diese Schieflage führt dazu, dass Entscheidungen über zukunftsweisende Themen wie Klimaschutz, Altersvorsorge oder Digitalisierung stark von den Interessen älterer Generationen geprägt sind.

Vor Kurzem hat die Politologin Rahel Freiburghaus mit radikalen Vorschlägen für Aufsehen gesorgt: Sie schlug vor, das Stimmrecht ab einem bestimmten Alter zu streichen oder junge Stimmen stärker zu gewichten. Diese Ideen stiessen jedoch bei den Jungparteien auf breite Ablehnung. Stattdessen präsentieren die jungen Politikerinnen und Politiker eigene Lösungsansätze, um die politische Teilhabe junger Menschen zu stärken. Basierend auf aktuellen Berichten und Forderungen der Jungparteien, wie sie in Medien wie 20 Minuten oder der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) diskutiert werden, werfen wir einen Blick auf diese Vorschläge. Ergänzt werden diese durch aktuelle Entwicklungen, etwa in Kantonen wie Luzern oder Glarus, wo das Stimmrechtsalter bereits gesenkt wurde oder Abstimmungen bevorstehen.

Das Problem der demografischen Schieflage

Die Schweizer Demokratie steht vor einer Herausforderung: Die Alterung der Bevölkerung führt zu einer Überrepräsentation älterer Stimmen. Laut BFS macht die Gruppe der über 65-Jährigen etwa 19 Prozent der Bevölkerung aus, ihre Stimmen wirken jedoch durch höhere Beteiligung noch einflussreicher. Junge Menschen, insbesondere die Generation Z, fühlen sich abgehängt. Themen wie steigende Mietpreise, psychische Gesundheit oder der Klimawandel betreffen sie direkt, doch ihre Perspektive findet oft wenig Gehör.

Eine Untersuchung des Dachverbands Schweizer Jugendparlamente (DSJ) aus dem Jahr 2024 unterstreicht dies: Junge Menschen engagieren sich in Vereinen und Jungparteien, übernehmen Verantwortung im Berufsleben und treffen wichtige Entscheidungen, wie den Einstieg in eine Lehre oder Ausbildung. Dennoch fehlt es an politischer Mitsprache. Die DSJ argumentiert, dass eine Senkung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre die Lücke zwischen schulischer politischer Bildung und tatsächlicher Teilhabe schliessen könnte. Internationale Beispiele, wie in Österreich oder Schottland, wo Jugendliche ab 16 wählen dürfen, zeigen positive Effekte auf die Beteiligung.

In der Schweiz ist der Kanton Glarus Vorreiter: Seit 2007 gilt dort das Stimmrecht ab 16 Jahren. Eine Analyse von LUSTAT Statistik Luzern aus 2025 zeigt, dass in Glarus die Jugendbeteiligung gestiegen ist, ohne dass dies zu extremen Verschiebungen in den Abstimmungsresultaten geführt hätte. Andere Kantone folgen: Im Februar 2025 stimmte der Kanton Luzern über eine Initiative zur Senkung auf 16 Jahre ab, die jedoch abgelehnt wurde. Dennoch unterstützen mehrere Jungparteien in Luzern, darunter SP, Grüne und GLP, solche Vorhaben weiterhin.

Forderungen der Jungen Mitte: Das Familienstimmrecht

Die Junge Mitte schlägt ein innovatives Modell vor: das Familienstimmrecht. Benedikt Schmid, Präsident der Partei, argumentiert, dass junge Menschen sich durch globale Krisen überfordert fühlen und daher seltener abstimmen. Sein Vorschlag sieht vor, dass Eltern pro Kind eine zusätzliche Stimme erhalten. Dies würde politische Diskussionen am Esstisch fördern und die Perspektive der Jugend in die Entscheidungsfindung einbringen.

Schmid betont, dass bei knappen Abstimmungen – wie jüngst bei der E-ID-Vorlage – die junge Generation den Ausschlag geben könnte. Sie bringe frische Ideen zu Themen wie Digitalisierung ein, die für Ältere oft neu sind. Aktuelle Berichte aus 20 Minuten vom November 2025 unterstreichen, dass solche Modelle in Diskussionen mit anderen Jungparteien aufkommen, um die Dominanz der Senioren zu brechen, ohne Rechte zu beschneiden.

Pro Senectute, die Organisation für ältere Menschen, reagiert offen auf solche Ideen. Sie betont, dass politisches Engagement junger Menschen wichtiger sei als Altersgrenzen, lehnt jedoch Einschränkungen für Ältere ab. Das Familienstimmrecht könnte hier ein Kompromiss sein, da es die Rechte aller Generationen respektiert.

Juso und Junge Grüne: Senkung des Stimmrechtsalters auf 16 oder sogar 14

Die Juso geht einen Schritt weiter und fordert nicht nur die Senkung des Stimmrechtsalters auf 16 Jahre, sondern auch die Ausweitung auf Ausländerinnen und Ausländer, die im Schnitt jünger sind. Präsidentin Mirjam Hostetmann kritisiert, dass junge Menschen in Themen wie Klimaschutz oder Mietpreisen abgehängt werden. Sie ist überzeugt, dass mehr Mitsprache die Beteiligung steigern würde.

Die Jungen Grünen fordern sogar eine Senkung auf 14 Jahre. Co-Präsidentin Magdalena Erni argumentiert, dass Jugendliche stark von heutigen Entscheidungen betroffen sind, aber unterrepräsentiert bleiben. Ergänzend plädieren sie für Investitionen in politische Bildung an Schulen, die zum Mitmachen anregt. UNICEF Schweiz unterstützt solche Forderungen seit 2023 und sieht in der Senkung auf 16 eine Chance für die Demokratie.

Aktuelle Entwicklungen in Kantonen wie Appenzell Ausserrhoden zeigen Kontroversen: Dort lehnten Jungparteien wie die Junge SVP und JFDP die Senkung ab, während andere sie befürworten. Eine parlamentarische Initiative im Nationalrat aus 2023 diskutiert die bundesweite Senkung, doch Fortschritte sind langsam.

Junge GLP und Jungfreisinnige: Bildung und Solidarität

Loa Wild von der Jungen GLP hebt hervor, dass Abstimmungen über die AHV die Jungen direkt betreffen, doch Ältere Reformen blockieren. Sie fordert die Senkung auf 16 Jahre und Förderung von Jugendparlamenten. Jonas Lüthy von den Jungfreisinnigen sieht das Problem in der schwindenden Solidarität der Älteren. Er plädiert für Kampagnen, die junge Menschen mobilisieren, wie Rechner zu Abstimmungen.

Beide Parteien betonen politische Bildung als Schlüssel. Berichte aus swissinfo.ch zur Jugendsession 2025 zeigen, dass Jugendliche Forderungen zu Bildung und Teilhabe stellen, was die Relevanz unterstreicht.

Junge SVP: Mobilisierung statt künstlicher Korrekturen

Nils Fiechter von der Jungen SVP sieht die niedrige Beteiligung als normal an und warnt vor künstlichen Korrekturen. Stattdessen mobilisiert seine Partei durch direkte Aufklärung. Er verweist auf knappe Abstimmungen wie die E-ID, wo jede Stimme zählt.

Auf Plattformen wie X (ehemals Twitter) wird das Thema kontrovers diskutiert: Einige Nutzer kritisieren die Senkung als Versuch, linke Stimmen zu gewinnen, andere loben sie als Fortschritt. Posts aus 2025 zeigen, dass die Debatte lebendig ist, mit Bezug auf vergangene Abstimmungen.

Fazit

Die Forderungen der Jungparteien zielen auf eine inklusivere Demokratie ab, ohne die Rechte Älterer zu beschneiden. Ob Familienstimmrecht, Senkung des Alters oder bessere Bildung – alle Ansätze streben mehr Teilhabe an. Aktuelle Abstimmungen, wie in Luzern 2025, zeigen, dass Veränderungen möglich, aber umstritten sind. Glarus als Vorbild deutet auf positive Effekte hin. Letztlich hängt der Erfolg von der Mobilisierung ab: Nur wenn junge Menschen ihre Stimme nutzen, kann die Schieflage korrigiert werden. Die Debatte unterstreicht die Notwendigkeit, Demokratie dynamisch zu gestalten, um alle Generationen einzubinden. Mit anhaltenden Diskussionen im Bund und in Kantonen könnte 2025 ein Wendepunkt werden.

(Quellen: 20 Minuten, BFS, DSJ, UNICEF, LUSTAT, swissinfo.ch, NZZ; Wortanzahl: 1245)

Redaktion
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Redaktion schreibt bei Nachhaltiger24 über erneuerbare energien (wind/wasser) – mit Fokus auf praxisnahe Tipps, fundierte Quellen und Schweizer Rahmenbedingungen.

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