Nachhaltigkeit in der Fahrradindustrie in der DACH-Region mit besonderem Schwerpunkt auf die Schweiz
Die Fahrradindustrie hat in der DACH-Region (Deutschland, Österreich und Schweiz) in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen, da Fahrräder eine umweltfreundliche Mobilitätslösung darstellen. Dennoch steht die Branche vor der Herausforderung, die gesamte Produktions- und Lieferkette nachhaltiger zu gestalten. In diesem Artikel beleuchten wir, wie die Fahrradindustrie in der Schweiz und der DACH-Region an Nachhaltigkeit herangeht und welche Fortschritte erzielt werden.
1. Die Rolle der Fahrradindustrie in der Nachhaltigkeit
Die Fahrradindustrie trägt zur Verkehrswende und zum Klimaschutz bei, indem sie emissionsfreie Mobilität ermöglicht. Fahrräder und E-Bikes sind in urbanen Räumen ein wichtiger Bestandteil nachhaltiger Mobilitätskonzepte, besonders in der Schweiz, wo der Umstieg auf das Fahrrad das Potenzial hat, den CO2-Ausstoss erheblich zu senken. Allerdings ist der nachhaltige Ruf der Branche nicht immer gerechtfertigt. Die Produktion von Fahrrädern, insbesondere von E-Bikes, ist ressourcenintensiv, und viele Unternehmen haben erst begonnen, sich umfassend mit der Nachhaltigkeit ihrer Lieferketten auseinanderzusetzen.
Eine Deloitte-Studie aus dem Jahr 2024 zeigt, dass 96 % der Fahrradunternehmen Nachhaltigkeit als entscheidend für den Erfolg ansehen, jedoch haben nur 39 % eine ausgearbeitete Nachhaltigkeitsstrategie oder erstellen entsprechende Berichte. Es besteht also eine Diskrepanz zwischen dem Bewusstsein für Nachhaltigkeit und deren Umsetzung in der Fahrradproduktion.
2. Nachhaltigkeitsansätze in der Schweiz
In der Schweiz wird das Thema Nachhaltigkeit in der Fahrradindustrie zunehmend wichtiger. Schweizer Unternehmen wie Veloplus und ihre Projekte wie das „Velo fürs Leben“ zeigen, dass Langlebigkeit und Reparierbarkeit eine zentrale Rolle spielen. Das Modell „Cumpan“, entwickelt in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich, setzt auf einen besonders langlebigen Stahlrahmen, der für künftige Fahrradstandards gerüstet ist. Diese Herangehensweise trägt dazu bei, den ökologischen Fußabdruck zu minimieren, da die Lebensdauer des Fahrrads verlängert wird und die Notwendigkeit eines Neukaufs verringert wird【9†source】.
Auch der Schweizer Komponentenhersteller Schwalbe nimmt eine Vorreiterrolle ein, indem er auf die Kreislaufwirtschaft setzt und Reifen aus recycelten Materialien herstellt. Dies zeigt, dass durch den Einsatz innovativer Produktionsmethoden nachhaltigere Lösungen möglich sind.
3. Herausforderungen in der Fahrradproduktion
Die Wahl der Materialien spielt eine entscheidende Rolle in der Nachhaltigkeit der Fahrradproduktion. Während Stahlrahmen aufgrund ihrer Langlebigkeit und des geringeren CO2-Ausstosses während der Produktion als vergleichsweise nachhaltig gelten, schneiden Aluminium- und Carbonrahmen schlechter ab. Studien haben gezeigt, dass die Produktion eines Aluminiumrahmens sechs- bis neunmal mehr CO2-Emissionen verursacht als die eines Stahlrahmens. Carbon, das insbesondere im Sportsegment beliebt ist, stellt ein noch grösseres Problem dar, da es schwieriger zu recyceln ist und in der Regel als „Downcycling“ endet, das heisst, das Material wird nur für weniger anspruchsvolle Anwendungen wiederverwendet.
4. Fortschritte in der Kreislaufwirtschaft
Die Kreislaufwirtschaft ist ein zentraler Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie in der Fahrradindustrie. Unternehmen in der DACH-Region, darunter auch in der Schweiz, setzen zunehmend auf recycelbare Materialien und die Reduktion von Produktionsabfällen. Ein Beispiel ist der britische Teilehersteller Hope, der durch den Einsatz von Walnussschalen-Granulat in der Oberflächenbearbeitung und einer reduzierten Materialverschwendung bei der Produktion von Aluminiumteilen eine Vorreiterrolle einnimmt. Solche Ansätze, die auch auf die Schweiz übertragen werden könnten, tragen zur Verbesserung der Umweltbilanz bei.
5. Die Elektrifizierung und ihre Folgen
E-Bikes sind besonders in der Schweiz beliebt, da sie das Fahrradfahren für eine breitere Bevölkerungsschicht attraktiv machen. Allerdings ist ihre Produktion nicht frei von Problemen. Die Herstellung der Batterien ist ressourcenintensiv und verursacht einen erheblichen ökologischen Fußabdruck. Trotz dieser Herausforderung nehmen immer mehr Unternehmen Nachhaltigkeitsberichte ernst und veröffentlichen Massnahmen, um die Umweltauswirkungen ihrer Produkte zu minimieren. Unternehmen wie Riese & Müller, ein deutscher E-Bike-Hersteller, haben Nachhaltigkeitsberichte eingeführt und zeigen transparent ihre Fortschritte im Bereich der Nachhaltigkeit.
6. Regulierungen und Anforderungen
In der DACH-Region, einschliesslich der Schweiz, wird der Druck auf die Fahrradindustrie steigen, sich an gesetzliche Regulierungen anzupassen. Vorschriften wie das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und die EU-weite Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) fordern Unternehmen auf, ihre Lieferketten transparenter und nachhaltiger zu gestalten. Dies wird auch für Schweizer Unternehmen relevant, da sie stark in den internationalen Handel eingebunden sind.
7. Konsumentenverhalten und Marktentwicklungen
Das Konsumentenverhalten spielt eine entscheidende Rolle bei der Transformation der Fahrradindustrie hin zu mehr Nachhaltigkeit. Laut einer Deloitte-Studie bevorzugen immer mehr Kunden Unternehmen, die nachhaltig wirtschaften, was den Druck auf Hersteller erhöht. In der Schweiz gibt es eine steigende Nachfrage nach Fahrrädern, die unter Berücksichtigung ökologischer und sozialer Standards produziert werden【12†source】.
Dennoch bleibt ein Interessenkonflikt zwischen Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit. Viele Unternehmen priorisieren nach wie vor die Rentabilität über ökologische Massnahmen. Dies zeigt sich insbesondere im Sportsegment, wo Carbonrahmen trotz ihrer schlechten Umweltbilanz aufgrund ihrer Performance dominiert.
Fazit
Die Fahrradindustrie in der Schweiz und der DACH-Region steht vor der Herausforderung, ihre Nachhaltigkeitsansprüche mit wirtschaftlichen Zielen in Einklang zu bringen. Positive Entwicklungen, wie langlebige Fahrradmodelle und innovative Produktionsmethoden, sind vielversprechend. Dennoch bleibt viel zu tun, um die Branche als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit zu etablieren. Initiativen zur Kreislaufwirtschaft und transparente Nachhaltigkeitsstrategien sind entscheidend, um den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren und den Anforderungen einer wachsenden, umweltbewussten Kundschaft gerecht zu werden.