Eine aktuelle Studie hat ergeben, dass die Pflanzenvielfalt in den Gebieten rund um den Kilimandscharo in Tansania in den letzten 100 Jahren um erschreckende 75 Prozent gesunken ist. Diese Erkenntnisse sind besorgniserregend, da sie auf menschliche Eingriffe und das rapide Bevölkerungswachstum in der Region zurückgeführt werden.
Der Kilimandscharo und seine Bedeutung
Der Kilimandscharo, der höchste Berg Afrikas, ist nicht nur ein beliebtes Ziel für Touristen, sondern auch ein bedeutendes ökologisches Habitat, das eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten beherbergt. Die Region, die weniger als 5.900 Meter hoch ist, beherbergt unterschiedliche Vegetationszonen, die eine wichtige Rolle für die Biodiversität und das Ökosystem der Umgebung spielen.
Ein alarmierender Rückgang
Die Studie, die die Gebiete am Fuss des Kilimandscharo von 1911 bis 2022 untersuchte, ergab, dass die Fläche mit natürlicher Vegetation von 90 Prozent auf etwa 20 Prozent gesunken ist. Während zu Beginn des 20. Jahrhunderts pro Quadratkilometer fast 700 Pflanzenarten gezählt wurden, sind es heute nur noch rund 180. Diese drastische Verringerung der Artenvielfalt zeigt sich deutlich in den Berichten der Forschenden, die sich auf Daten von historischen Karten, Volkszählungen, Satellitenbildern und einem umfangreichen Datensatz zu fast 3.000 Pflanzenarten stützten.
Ursachen des Rückgangs
Die Hauptursachen für diesen besorgniserregenden Rückgang sind menschliche Eingriffe, insbesondere das schnelle Bevölkerungswachstum und die zunehmende Nutzung des Landes für Landwirtschaft. Laut Andreas Hemp von der Universität Bayreuth war der Landnutzungswandel der wichtigste Treiber des Biodiversitätsverlusts in dieser Region. Während die Ackerflächen von 66 auf 1.466 Quadratkilometer und die Flächen für Agroforstwirtschaft von 268 auf 849 Quadratkilometer anstiegen, nahm die Savannenfläche dramatisch ab.
Die demographische Entwicklung
Zwischen 1889 und 2022 stieg die Bevölkerung in dieser Region von 50.000 auf 1.400.000 Menschen. Diese enorme Zunahme der Bevölkerung führte zu einer erhöhten Nachfrage nach landwirtschaftlichen Flächen und Wohnraum, wodurch natürliche Habitate stark beeinträchtigt wurden. Die Bevölkerungsdichte erhöhte sich von 15 auf 430 Menschen pro Quadratkilometer, was die Belastung der Umwelt weiter verstärkte.
Die Rolle des Klimawandels
Interessanterweise kam die Studie zu dem Schluss, dass der Klimawandel bisher keinen signifikanten Einfluss auf die Biodiversität in der Region hatte. Vielmehr lag der Fokus auf den direkten menschlichen Aktivitäten, die drastische Veränderungen in der Landschaft und den Lebensräumen der Pflanzen bewirkt haben.
Traditionelle Anbaumethoden als Hoffnungsschimmer
Obwohl die Situation alarmierend ist, gibt es auch Hoffnung. Die Chagga, eine ethnische Gruppe in der Region, betreibt eine traditionelle Form der Agroforstwirtschaft, die es ihnen ermöglicht, sowohl Wild- als auch Nutzpflanzen zusammen anzubauen. Diese Praxis schafft ein günstiges Mikroklima und erhält die Artenvielfalt deutlich besser als moderne Landwirtschaftsmethoden. Hemp betont, dass dieses Nutzungssystem auf viele andere ländliche Gebiete in den Tropen übertragen werden kann, um das menschliche und ökologische Wohlergehen zu fördern.
Fazit
Der dramatische Rückgang der Pflanzenvielfalt am Kilimandscharo ist ein ernstes Warnsignal für die globale Biodiversität. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Massnahmen ergriffen werden, um den Verlust von Lebensräumen und Artenvielfalt zu stoppen. Gleichzeitig muss das Bewusstsein für die Rolle der traditionellen Anbaumethoden gestärkt werden, um langfristig eine nachhaltige Entwicklung in der Region zu gewährleisten. Der Kilimandscharo, als bedeutendes ökologisches Zentrum, benötigt dringend den Schutz und die Aufmerksamkeit, die ihm zustehen – nicht nur für die Pflanzen und Tiere, sondern auch für die Menschen, die in seiner Umgebung leben.

