Die jüngste Ankündigung Chinas, Exportkontrollen für Seltene Erden einzuführen, sorgt für grosse Besorgnis unter Autoherstellern weltweit. Ab dem 8. November 2023 wird die Ausfuhr von wichtigen Metallen wie Ytterbium, Holmium und Europium, die für die Herstellung von Permanentmagneten benötigt werden, einer Genehmigungspflicht unterliegen. Diese Metalle sind entscheidend für die Produktion von Permanentmagnet-Synchronmotoren (PSMs), die in vielen Elektrofahrzeugen eingesetzt werden. Angesichts des bevorstehenden Inkrafttretens der Kontrollen macht sich die Industrie Sorgen über mögliche Engpässe und Produktionsverzögerungen.
Chinas Einfluss auf den Markt für Seltene Erden
Schätzungen zufolge kontrolliert China etwa 70 Prozent des globalen Abbaus von Seltenen Erden und besitzt 85 Prozent der Raffineriekapazitäten. Zudem stammen etwa 90 Prozent der weltweiten Produktion von Seltenerd-Legierungen und -magneten aus China. Diese Dominanz hat China in eine strategisch wichtige Position gebracht, die es dem Land ermöglicht, über die weltweiten Märkte für Seltene Erden erheblichen Einfluss auszuüben.
Technische Bedeutung von Seltenen Erden
Seltene Erden umfassen 17 Metalle, die für verschiedene Anwendungen in der Technologie unverzichtbar sind. Insbesondere die Lanthanoide, wie Neodym und Europium, spielen eine zentrale Rolle in der Elektronik und Elektromobilität. Sie sind entscheidend für die Herstellung von Permanentmagneten, die in Elektromotoren von Elektrofahrzeugen verwendet werden. Diese Motoren sind nicht nur in Antriebssystemen zu finden, sondern auch in verschiedenen anderen Fahrzeugkomponenten, wie beispielsweise der Spiegelverstellung, Fensterhebern und Scheibenwischern.
Die Konsequenzen der Exportkontrollen
Ab dem 8. November 2023 müssen Unternehmen, die Seltene Erden exportieren, eine Genehmigung beantragen. Dies könnte zu einem signifikanten Engpass in der Verfügbarkeit dieser wichtigen Materialien führen. Angesichts der Transportzeit von 45 Tagen nach Europa befürchten viele Autohersteller, dass sie nicht in der Lage sein werden, ihre Produktionslinien aufrechtzuerhalten, falls die Genehmigungen nicht rechtzeitig erteilt werden.
Ryan Grimm, ein Manager bei Toyota Nordamerika, warnte, dass die Exportkontrollen die gesamte Automobilindustrie binnen zwei Monaten lahmlegen könnten. Diese Einschätzung verdeutlicht die Schwere der Situation und die potenziellen wirtschaftlichen Auswirkungen auf Hersteller und Zulieferer.
Vorbereitung der Industrie auf Engpässe
In Reaktion auf die drohenden Engpässe haben viele Unternehmen damit begonnen, Seltene Erden zu bunkern. Darüber hinaus arbeiten grosse Hersteller wie General Motors und Zulieferer an der Entwicklung von Elektromotoren, die entweder ohne Seltene Erden auskommen oder deren Einsatz minimieren. Diese Entwicklungen könnten jedoch Jahre in Anspruch nehmen, was die Dringlichkeit des Problems noch verstärkt.
Alternative Ressourcen und Risiken
Die grössten wirtschaftlich rentabel abbaubaren Vorkommen von Seltenen Erden befinden sich in China. Obwohl es auch in anderen Ländern, wie Schweden, Vorkommen gibt, fehlt es dort an Minen und Raffineriekapazitäten, um diese Ressourcen sinnvoll zu nutzen. In Bezug auf schwere Seltene Erden hat China sogar die Kontrolle über 99,8 Prozent der globalen Raffineriekapazität.
Die Investitionen in Minen und Raffinerien in Europa gelten als riskant, da der wieder aufflammende Handelskrieg zwischen den USA und China jederzeit zu einem Rückgang der Preise für Permanentmagnete führen könnte, was die Rentabilität solcher Projekte infrage stellt.
Die Herausforderung für den Elektromobilitätssektor
Die Elektromobilität ist besonders stark von den Entwicklungen im Bereich der Seltenen Erden betroffen. Selbst Unternehmen, die elektrisch erregte Synchronmotoren (EESMs) verwenden, wie BMW, Renault und Nissan, sind nicht ganz unberührt. Diese Motoren verwenden Elektromagnete, aber zahlreiche andere Komponenten in Elektrofahrzeugen, die ebenfalls auf Seltene Erden angewiesen sind, fehlen ebenfalls in der Diskussion.
Ein vollständiges Ausbleiben von Seltenen Erden würde nicht nur den Antrieb, sondern auch viele unterstützende Systeme in Fahrzeugen bedrohen. Die Abhängigkeit von diesen Materialien macht die gesamte Branche anfällig für Marktschwankungen und geopolitische Spannungen.
Fazit
Die Exportkontrollen für Seltene Erden stellen für die Automobilindustrie eine ernsthafte Herausforderung dar. Die Abhängigkeit von diesen Materialien, die zentrale Komponenten in modernen Elektrofahrzeugen bilden, könnte zu einem Produktionsstopp führen, der die gesamte Industrie schwer trifft. Angesichts der geografischen Konzentration der Vorkommen und der damit verbundenen Risiken müssen Autohersteller und Zulieferer Lösungen entwickeln, um sich auf zukünftige Engpässe einzustellen. Ein verstärkter Fokus auf alternative Materialien und Produktionsmethoden könnte langfristig sowohl ökonomische als auch technische Vorteile bringen.