Ein Blick in die Geschichte Flevolands
Flevoland, die jüngste Provinz der Niederlande, wurde 1986 gegründet und ist das Resultat eines der grössten Landgewinnungsprojekte weltweit. Wo früher das Wasser der Zuiderzee war, erblüht heute eine moderne Landschaft mit Städten, Naturschutzgebieten und kulturhistorischen Stätten. Diese Provinz, die durchschnittlich fünf Meter unter dem Meeresspiegel liegt, ist das Resultat jahrhunderte langer Bemühungen, das Land zurückzuerobern und den Einfluss des Wassers zu kontrollieren.
Schokland: Ein Weltkulturerbe im Wasser
Im Herzen Flevolands liegt Schokland, einst eine Insel, die von Wasser umgeben war und heute zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Der geschichtliche Hintergrund von Schokland ist faszinierend. Es war ein Ort des Kampfes gegen das Wasser, wo die Bewohner über viele Generationen hinweg versuchten, sich der Flut zu erwehren. 1859 mussten die letzten Bewohner die Insel verlassen, als das Wasser sie überflutete.
Nico de Boer, ein 85-jähriger Historiker, führt Besucher durch das Museum Schokland. Dort schildert er die dramatische Geschichte, wie das Wasser immer mehr von der Insel ergriff, und erläutert den Bau des Abschlussdeiches im Jahr 1927, der die Zuiderzee von einem Meer in ein Binnengewässer verwandelte – das IJsselmeer. Mit der Schliessung der letzten Lücke im Jahr 1932 war der Grundstein für die heutige Landschaft gelegt.
Naturschutz und nachhaltige Entwicklung
Flevoland ist auch bekannt für seine beeindruckenden Naturschutzgebiete. Besonders die Oostvaardersplassen, ein etwa 7.500 Hektar grosses Schutzgebiet, sind ein Hotspot für Ornithologen. Die Gebiete sind Lebensräume für zahlreiche Vogelarten, unter anderem für den majestätischen Seeadler. Ehrenamtliche wie Geert van Rijbroek ermöglichen es Besuchern, die Flora und Fauna des Gebiets bei E-Mobil-Touren zu erkunden.
Die Oostvaardersplassen bieten diverse Möglichkeiten zur Beobachtung von Wildtieren, und van Rijbroek erzählt von den Herausforderungen, die mit dem Management dieses einzigartigen Ökosystems verbunden sind. Während man einerseits die Natur sich selbst überlassen möchte, erfordert die Situation auch menschliches Eingreifen, um das Gleichgewicht zu wahren.
Moderne Architektur und urbanes Leben in Almere
In starkem Kontrast zu den historischen Aspekten der Provinz steht die Stadt Almere, die 1975 gegründet wurde und die jüngste Stadt der Niederlande darstellt. Mit einer Bevölkerung von rund 230.000 Menschen ist Almere geprägt von moderner Architektur und urbaner Planung. Die Stadt hat keine traditionellen Grachten oder alten Gebäude, sondern besticht durch innovative Bauwerke von renommierten Architekten wie Rem Koolhaas.
Das Stadtzentrum von Almere ist insbesondere für seine einzigartige Architektur bekannt, die auf einer Fläche von nur einem Quadratkilometer geballt ist. Bootstouren durch die Wasserwege der Stadt ermöglichen einen guten Überblick und zeigen die unverwechselbare Landschaft.
Anreise und Aktivitäten in Flevoland
Flevoland ist sowohl mit dem Auto als auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln gut erreichbar. Von Hamburg aus benötigt man etwa fünf Stunden, während die Anreise aus Berlin rund sieben Stunden in Anspruch nimmt. Zugverbindungen führen direkt nach Almere und Lelystad. Für Aktivurlauber gibt es zahlreiche Möglichkeiten, darunter Bootsvermietungen an den Noorderplassen und Erkundungen des Freiluftlabors Waterloopbos, wo bedeutende Wasserbauprojekte getestet wurden.
Fazit: Flevoland – eine Provinz der Kontraste
Die Provinz Flevoland vermittelt einen einzigartigen Eindruck davon, wie Mensch und Natur im Einklang leben können, trotz der ständigen Bedrohung durch das Wasser. Von den historischen Kämpfen der Bewohner Schoklands über die beeindruckenden Naturschutzgebiete bis hin zu den modernen Städten zeigt Flevoland, dass es möglich ist, eine harmonische und nachhaltige Lebensweise zu schaffen. Diese Provinz ist ein faszinierendes Beispiel für menschliche Resilienz und Innovationskraft und zieht Besucher aus der ganzen Welt an, die die Vielfalt entdecken möchten, die das Land bietet.

