Ein Viehtransportschiff mit Tausenden Rindern aus Uruguay irrt seit Monaten auf dem Meer umher. Die Spiridon II, beladen mit hochträchtigen Tieren, wurde in der Türkei abgewiesen und befindet sich nun offenbar auf dem Rückweg nach Südamerika. Tierschützer warnen vor einem Massensterben an Bord. Dieser Fall wirft ein Schlaglicht auf die Grausamkeiten des internationalen Viehhandels.
Der fatale Transport: Von Uruguay in die Türkei
Am 19. September 2025 legte die Spiridon II in Montevideo, Uruguay, ab. An Bord: Rund 2900 bis 4000 Rinder, darunter viele trächtige Kühe. Das Ziel war die Türkei, wo die Tiere für den Fleischmarkt importiert werden sollten. Doch was als Routine-Export begann, entwickelte sich zu einem Albtraum für die Tiere.
Die Fahrt dauerte länger als geplant. Stürme, bürokratische Hürden und logistische Probleme verlängerten die Reise auf über zwei Monate. Am 22. Oktober erreichte das Schiff die türkische Küste bei Bandırma im Marmarameer. Hier begann das Warten: Die türkischen Behörden verweigerten die Entladung.
Grund waren fehlende oder unvollständige Dokumente. Ohrmarken und Chips bei den Tieren stimmten nicht mit den eingereichten Listen überein. 15 Importeure hatten Anträge gestellt, doch die Behörden lehnten ab. Eine Inspektion an Bord enthüllte Schreckliches: 58 Rinder waren bereits tot, 140 Kälber waren geboren worden, von denen 90 spurlos verschwunden.
Bedingungen an Bord: Eine schwimmende Hölle
Die Spiridon II ist ein 53 Jahre altes Schiff unter togolesischer Flagge – ein alter Rostkahn, der für solche Transporte kaum geeignet ist. Die Rinder sind in engen Etagen zusammengepfercht, stehen knietief in ihren eigenen Exkrementen. Die Ammoniakbelastung, verursacht durch Urin und Kot, ist besonders in den unteren Decks extrem hoch. Dies führt zu Atemproblemen, Infektionen und Stress.
Etwa die Hälfte der Tiere ist trächtig. Unter diesen Bedingungen sind Fehlgeburten häufig. Frisch geborene Kälber haben kaum Überlebenschancen: Keine Melkvorrichtungen, unzureichende Versorgung und eine Crew, die nicht für Geburten ausgebildet ist. Kühe, die ihre Kälber verlieren, entwickeln Euterentzündungen, was zu weiteren Todesfällen führt.
- Hohe Ammoniakkonzentration: Verursacht Reizungen der Atemwege und Augen.
- Überfüllung: Tiere können sich kaum bewegen, Verletzungen durch Gedränge.
- Futter- und Wassermangel: Nur begrenzte Vorräte, die für die Rückfahrt nicht ausreichen.
- Krankheiten: Ohne tierärztliche Betreuung breiten sich Infektionen aus.
Basierend auf Berichten von Tierschutzorganisationen wie der Animal Welfare Foundation (AWF) haben Dutzende Tiere die Anreise nicht überlebt. Die Organisation schätzt, dass Hunderte mehr sterben könnten, wenn der Transport fortgesetzt wird.
Aktuelle Entwicklungen: Rückfahrt und Verschwinden
Nach wochenlangem Warten vor der türkischen Küste durfte die Spiridon II kurz andocken, um Heuballen zu laden. Doch das reicht bei weitem nicht für die lange Rückreise nach Uruguay. Schiffsverfolgungsdienste wie MarineTraffic zeigten kürzlich, dass das Schiff Richtung Südamerika unterwegs ist. Allerdings gibt es alarmierende Neuigkeiten: Seit zwei Tagen ist das Schiff vom Radar verschwunden.
Eine Presseerklärung der AWF und anderer Organisationen warnt vor einem «Geisterschiff». Das Ortungssignal (AIS) ist ausgeschaltet, was Spekulationen über illegale Manöver oder technische Probleme anheizt. Experten befürchten, dass die Crew versucht, die Tiere unterwegs zu entsorgen oder in einem anderen Hafen anzulanden, um Verluste zu minimieren.
Der türkische Oppositionspolitiker Turhan Çömez hat Gerichtsdokumente zitiert, die die katastrophalen Zustände bestätigen. Internationale Medien wie Tagesschau, Der Spiegel und SRF berichten übereinstimmend von der Krise. Die AWF geht davon aus, dass das Schiff, falls es Uruguay erreicht, leer ankommen wird – alle Tiere tot.
Stimmen der Tierschützer
Die Animal Welfare Foundation hat die Situation als «Katastrophe» bezeichnet. «Die Tiere leiden unter extremem Stress, Mangelernährung und Krankheiten», erklärt ein Sprecher. Ähnliche Warnungen kommen von Organisationen wie dem Deutschen Tierschutzbund, der in sozialen Medien auf vergangene Fälle hinweist.
Auf Plattformen wie X (ehemals Twitter) teilen Nutzer und Organisationen Bilder und Berichte. Der Tierschutzbund postet über vergleichbare Transporte: 19.000 Rinder, die wochenlang in Exkrementen standen, oder Schiffe mit 8.000 Tieren, die grausam geschlachtet wurden. Diese Posts unterstreichen, dass der Fall der Spiridon II kein Einzelfall ist.
Hintergründe: Der globale Viehhandel und seine Risiken
Der internationale Transport lebender Tiere ist ein milliardenschweres Geschäft. Uruguay exportiert jährlich Hunderttausende Rinder, oft per Schiff nach Ländern wie der Türkei, Ägypten oder in den Nahen Osten. Der Profit liegt in der Schlachtung vor Ort, doch die Transporte bergen enorme Risiken für die Tiere.
Rechtliche Rahmenbedingungen sind lückenhaft. Die EU hat strenge Regeln für Tiertransporte, aber Schiffe unter Billigflaggen wie Togo umgehen diese oft. Die International Maritime Organization (IMO) regelt Schifffahrt, aber Tierschutzstandards sind minimal. In der Türkei gelten Importvorschriften, die hier versagt haben.
Ähnliche Vorfälle gibt es reichlich:
- 2021: Das Schiff Elbeik mit 1.776 Kälbern irrte monatelang im Mittelmeer, Hunderte starben.
- 2024: Ein Transport aus Australien mit 16.000 Schafen und Rindern endete in einer Katastrophe vor Südafrika.
- Frühere Fälle: Schiffe wie die Queen Hind kenterten, Tausende Tiere ertranken.
Diese Ereignisse haben zu Forderungen nach einem Verbot langer Seetransporte geführt. Organisationen wie Compassion in World Farming und AWF plädieren für den Export geschlachteten Fleisches statt lebender Tiere.
Rechtliche und ethische Aspekte
Aus rechtlicher Sicht haftet der Exporteur in Uruguay und der Importeur in der Türkei. Doch wer ist für das Leiden der Tiere verantwortlich? Internationale Abkommen wie die OIE-Standards (World Organisation for Animal Health) fordern humane Bedingungen, werden aber oft ignoriert.
Ethisch gesehen wirft der Fall Fragen auf: Ist Profit wichtiger als Tierwohl? Viele Rinder sind für Halal-Schlachtung bestimmt, doch die Transporte verletzen grundlegende Tierschutzprinzipien. In Europa wächst der Druck: Das EU-Parlament diskutiert ein Verbot von Lebendexporten in Drittländer.
Auswirkungen auf Umwelt und Wirtschaft
Neben dem Tierleid haben solche Transporte Umweltauswirkungen. Schiffe emittieren CO2, und die Entsorgung toter Tiere belastet Meere. Wirtschaftlich gesehen verursacht der Fall Verluste: Die Rinder waren Millionen wert, nun droht Totalverlust.
Uruguay als Exporteur leidet unter Imageschäden. Die Türkei, ein grosser Importeur, muss ihre Kontrollen überdenken. Globale Lieferketten werden in Frage gestellt: Warum nicht lokale Zucht fördern statt riskante Transporte?
Was tun? Forderungen und Lösungen
Tierschützer fordern sofortige Intervention: Das Schiff sollte in einem nahen Hafen anlegen, Tiere entladen und versorgt werden. Langfristig:
- Verbot von Seetransporten über 8 Stunden.
- Strengere Flaggenstaaten-Kontrollen.
- Internationale Überwachung durch Satelliten und AIS.
- Förderung alternativer Handel: Gefrorenes Fleisch statt Lebendtiere.
Organisationen wie AWF starten Petitionen und sensibilisieren die Öffentlichkeit. In sozialen Medien wächst der Druck auf Regierungen.
Fazit: Ein Weckruf für den Tierschutz
Der Fall der Spiridon II ist ein Symbol für die Grausamkeiten des globalen Tierhandels. Tausende Rinder leiden unnötig, viele werden sterben. Es ist Zeit für Veränderungen: Stärkere Regulierungen, bessere Kontrollen und ein Umdenken im Handel. Nur so können zukünftige Katastrophen verhindert werden. Die Welt schaut zu – und hofft auf ein humanes Ende für die Tiere an Bord.
(Dieser Artikel basiert auf aktuellen Berichten von Quellen wie Tagesschau, Der Spiegel, SRF und Aussagen der Animal Welfare Foundation. Stand: 20. November 2025. Weitere Entwicklungen werden beobachtet.)

