Linksextreme Gewalt in der Schweiz: Was jetzt zu tun ist – ein Massnahmenpaket für Bern & den Bund

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Bern/Zürich – Die jüngsten Ausschreitungen in Bern haben die Debatte über linksextreme Gewalt neu entfacht. Bei einer unbewilligten Kundgebung in Bern wurden Hunderte Personen kontrolliert und zeitweise eingekesselt; die Polizei spricht von massiver Gewalt gegen Einsatzkräfte und erheblichem Sachschaden. Solche Lagen sind in Bern kein Novum: Rund um die Reitschule kam es in den letzten Jahren wiederholt zu Angriffen, Brand- und Sachdelikten – mit verletzten Beamtinnen und Beamten. Gleichzeitig stellt der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) fest, dass sich das Bedrohungsniveau bei gewalttätigem Rechts- und Linksextremismus auf erhöhtem Niveau stabilisiert hat. Diese Lage verlangt entschlossenes, aber rechtsstaatlich sauberes Handeln.

Unten skizziere ich ein konkretes 20-Punkte-Massnahmenpaket, das kurzfristig wirkt (Einsätze, Strafverfolgung) und mittel-/langfristig an Ursachen, Strukturen und Finanzierung ansetzt – mit besonderem Blick auf Bern.


I. Polizei & Einsatzführung: Härte, wo nötig – Deeskalation, wo möglich

  1. Einheitliche Crowd-Management-Standards
    Verbindliche Einsatzrichtlinien für alle betroffenen Korps (Bern, Zürich, Basel, Romandie) nach Stand der Lehre: präzise Lagenanalyse, Staffeln (Kommunikation–Trennung–Fixierung–Festnahme), dokumentierte Schwellen für Zwangsmittel. Das Nationale Fachgremium Crowd Management der Polizeikommandanten (KKPKS) existiert – seine Standards müssen als Muss-Vorgaben in die kantonalen Polizeigesetze/Weisungen einfliessen.
  2. Konsequente Bewilligungspflicht & Auflagenkontrolle
    Unbewilligte Märsche, Vermummung, Pyros, Laserpointer, Wurfkörper – klare Auflagen, klare Kommunikation, frühes Einschreiten bei Auflagenbruch. (Rechtssicherheit für Veranstalter: Was ist erlaubt, was führt zum Abbruch.)
  3. Taktische Trennung statt Flächenkonflikt
    Getrennte Routen, Pufferzonen, bauliche Sperren, mobile Licht-/Kamera-/Lautsprechersysteme zur Lenkung. Ziel: Gewalttäter isolieren, friedliche Teilnehmer weiterziehen lassen (Minimierung Kollateralschäden).
  4. Schnelle Beweissicherung
    Mehr Beweissicherungs- und Festnahmeeinheiten (BSFE), Bodycams gemäss Recht, Drohnen mit richterlicher Genehmigung bei konkretem Verdacht (Verhältnismässigkeit!), konsequente Asservierung von Pyros/Laser/Werkzeugen.
  5. Zielgerichtete Festnahmen & Rayonverbote
    Statt Massenfestnahmen pauschal: intelligence-led Identifikation von Gewalttätern, zügige Einleitung von Strafverfahren, Rayon-/Kontakt-/Teilnahmeverbote (kantonal) für Wiederholungstäter – richterlich verfügt, zeitlich begrenzt, kontrollierbar.
  6. Schnittstellen Polizei–Stawa
    Einsatzstaatsanwälte in der Lagezentrale; Fast-Track-Verfahren für Landfriedensbruch, Gewalt/Drohung gegen Behörden, schwere Sachbeschädigung. Wo nötig: Untersuchungshaft (Flucht-/Wiederholungsgefahr) – rasch, sauber dokumentiert.

II. Strafrecht & Vollzug: Lücken schliessen, Verfahren beschleunigen

  1. Konsequente Anwendung des geltenden Strafrechts
    Landfriedensbruch (Art. 260 StGB), schwere Sachbeschädigung (144 StGB), Angriffe auf Beamte (285 StGB), gefährliche Laser/ Pyro als Gefährdungsdelikte: konsequent anklagen. Gerichte brauchen gute, lückenlose Dossiers – das beginnt bei der Beweissicherung.
  2. Kantonale Vermummungsverbote bei bewilligten Demos prüfen
    Dort, wo es die Rechtslage zulässt: gezielte, anlassbezogene Vermummungsverbote als Demoauflage (nicht pauschal). Vermummung = Indiz für Gewaltbereitschaft → erleichtert Identifikation/Beweisführung. (Rechtsstaatlich eng zu fassen.)
  3. Schmerzensgeld & zivilrechtliche Regressmodelle
    Kantonale Stellen prüfen systematisch Regress gegen verurteilte Gewalttäter (Sachschaden an Polizei-/Privatfahrzeugen, Glasbruch, Reinigung). Signal: Gewalt kostet.
  4. Bundesrecht: Feinjustierung ohne PMT-Überdehnung
    Das Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung des Terrorismus (PMT) richtet sich nicht gegen allgemeine Extremismusdelikte. Missbrauch vermeiden – stattdessen: gezielte bundesweite Datenlage, Koordination, Lückenanalyse im StGB (z. B. Laserangriffe). fedpol Report

III. Nachrichtendienst, fedpol & Lagebilder: Fakten statt Bauchgefühl

  1. Aktuelle Lageberichte ernst nehmen – aber differenzieren
    Der NDB hält fest: Bedrohung durch gewalttätigen Rechts- und Linksextremismus stabil auf erhöhtem Niveau. Das ist kein Freipass für Grundrechtseinschränkungen – aber ein Arbeitsauftrag für priorisierte Überwachung gewaltbereiter Kerne (gerichtliche Schranken beachten).1
  2. fedpol-Jahresbericht und Kantonsfeeds koppeln
    Zentraler Hub (fedpol) sammelt und spiegelt kantonale Erkenntnisse zu Gewaltakteuren, Taktiken (Laser, Pyros, Vermummung), Finanzen/Logistik. Ziel: gleiche Lagegrundlage für Bern, Zürich, Basel & Romandie.
  3. Aufklärungs-Teams für Online-Mobilisierung
    Analyse offener Kanäle (OSINT) zu Routen, Treffpunkten, Materialdepots – ausschliesslich im gesetzlichen Rahmen. Konsequente Trennung zu verdeckten Massnahmen.

IV. Prävention & Ausstieg: Schweiz hat Nachholbedarf

  1. Explizite Präventionsprogramme gegen linke Gewalt schaffen
    Eine frische ZHAW-Studie hält fest: Für Linksextremismus existieren kaum spezifische Präventionsprogramme in der Schweiz. Das ist eine Lücke – wir brauchen kommunale/cantonale Fachstellen mit Mandat für linke wie rechte Gewaltprävention (Schule, Jugend, Szene-Ausstieg).
  2. Dialog-Police & Szenekenntnis
    Professionalisierte Dialogteams (nicht „Kuschelkurs“, sondern Lageinstrument): Kontakt zu Veranstaltern, klare Auflagen, schnelle Kommunikation bei Verstössen. Erprobt im Crowd-Management.
  3. Ausstiegs- und Beratungsangebote
    Case-Management für junge Ersttäter (18–25): juristische Aufklärung, Arbeit mit Angehörigen, Perspektiven (Arbeit/Bildung), Distanzierung von Gewaltmilieus. Erfolgskennzahlen: Rückfallquote, Netzwerkausstiege.

V. Finanzierung & NGOs: Transparenz statt Kollektivstrafe

  1. Förder- & Subventions-Transparenzregister
    Öffentlicher, leicht durchsuchbarer Index aller direkten und indirekten öffentlichen Zuwendungen (Gemeinde–Bund) an Vereine, Kollektive, Kultur- und Polit-NGOs. Inhalt: Betrag, Zweck, Auflagen, Laufzeit.
  2. Klare No-Violence-Klauseln
    Jede öffentliche Förderung enthält eine verbindliche Klausel: aktive Distanzierung von Gewalt und non-assistance (keine Infrastruktur, Logistik oder Kommunikation für gewalttätige Aktionen). Belegbare Verstösse → gestaffelte Sanktionen (Rückforderung, Sperrfrist). Nur auf Basis nachweisbarer Fakten, mit rechtlichem Gehör – kein Generalverdacht.
  3. Externe Audits bei Risikosignalen
    Bei Hinweisen auf Zweckentfremdung/indirekte Gewaltunterstützung: unabhängiges Audit, Bericht an Politik/Öffentlichkeit. Konsequenzen sind rechtsstaatlich zu treffen – nicht per Pauschalentzug oder politischer Schlagzeile.

VI. Bern-spezifisch: Hotspots entschärfen, Rechtsfrieden wiederherstellen

  1. Reitschule-Umfeld: Sicherheits- und Ordnungsbündel
    Fixe Kameraachsen auf öffentlichen Flächen (mit Datenschutz-Folgenabschätzung),
    Licht- und Platzgestaltung gegen Vermummungsräume,
    regelmässige, lageangepasste Präsenz (nicht Dauerkonfrontation),
    Kooperations- oder Sanktionslogik gegenüber Betreibern, falls öffentliche Infrastruktur missbraucht wird (vertragliche Auflagen, Brandschutz, Lärm, Sicherheitskonzepte).
    Ziel: Ausweich-, Sammel- und Bewurfzonen minimieren, ohne Grundrechte pauschal zu beschneiden. Die jüngsten Übergriffe auf Einsatzkräfte belegen Handlungsbedarf.

Warum dieses Paket wirkt

  • Zielgenau statt pauschal: Es trennt friedliche Proteste von Gewaltkernen und fokussiert Ressourcen auf Wiederholungstäter und Organisatoren.
  • Rechtsstaatlich sauber: Alle Eingriffe sind verhältnismässig, überprüfbar und befristet – mit gerichtlicher Kontrolle.
  • Nachhaltig: Neben repressiven Elementen gibt es präventive, soziale und finanzielle Hebel, die neue Gewaltzyklen erschweren.
  • Koordiniert: Einheitliche Standards, geteilte Lagebilder, klare Rollen zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft, fedpol und NDB.

Realitätscheck: Was die Lagebilder sagen

  • Bern aktuell: Nach den jüngsten Krawallen (u. a. bei der unbewilligten Demo) meldete die Polizei Hunderte temporäre Feststellungen/Kesselungen – Hinweise auf „Schwarzer Block“ inklusive. Gewalt, Pyros, Laser sind wiederkehrende Muster.
  • Reitschule/Hotspot: Mehrfach verletzte Polizistinnen/Polizisten, erhebliche Sachschäden – Problem nicht „gefühlt“, sondern aktenkundig. KAPO Bern
  • Schweizweite Lage: NDB: Gewalttätiger Extremismus (rechts wie links) stabil erhöht; Politik diskutiert schärfere Überwachung, Linke skeptisch. Fazit: klare Spielregeln + konsequente Anwendung sind nötig – aber ohne Überdehnen von Sondergesetzen

Schluss: Null Toleranz gegenüber Gewalt – volle Toleranz für Grundrechte

Die Schweiz ist ein Demonstrations- und Rechtsstaat. Beides gilt: Wer friedlich demonstriert, muss geschützt werden. Wer systematisch angreift, einschüchtert, anzündet oder die Polizei attackiert, muss rasch, rechtsstaatlich und spürbar sanktioniert werden. Das vorgeschlagene Paket liefert die operative, juristische und politische Infrastruktur dafür – ohne die Grundrechte zu schleifen.

Redaktion
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Redaktion schreibt bei Nachhaltiger24 über erneuerbare energien (wind/wasser) – mit Fokus auf praxisnahe Tipps, fundierte Quellen und Schweizer Rahmenbedingungen.

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