Norwegen startet grösstes Pumpspeicherprojekt seit 20 Jahren

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Quelle: Openverse (by-sa) · © Mary Leibundgut · Wasserkraftnutzung

Einführung

Norwegen, ein Land mit reicher Tradition in der Wasserkraftnutzung, hat kürzlich ein Meilensteinprojekt in der Energiewende genehmigt. Das norwegische Unternehmen Norsk Hydro hat die endgültige Investitionsentscheidung für den Bau des Illvatn-Pumpspeicherkraftwerks getroffen. Dieses Vorhaben gilt als das grösste Hydropower-Projekt des Konzerns in mehr als 20 Jahren und unterstreicht Norwegens Engagement für erneuerbare Energien. Mit einer Investitionssumme von rund 1,2 Milliarden Norwegischen Kronen (NOK) nach Steuern – was etwa 110 Millionen US-Dollar entspricht – wird das Projekt in der westnorwegischen Gemeinde Luster errichtet. Der Baubeginn ist für November 2025 geplant, und der Betrieb soll 2030 aufgenommen werden. Dieser Artikel beleuchtet die Details des Projekts, seinen historischen Kontext und die Auswirkungen auf die norwegische Energielandschaft.

Das Illvatn-Projekt im Detail

Das Illvatn-Pumpspeicherkraftwerk ist ein ambitioses Vorhaben, das die Speicherfähigkeiten der norwegischen Energiewirtschaft erheblich erweitern wird. Pumpspeicherkraftwerke funktionieren wie riesige Batterien: Überschüssiger Strom wird genutzt, um Wasser in ein höher gelegenes Reservoir zu pumpen. Bei Bedarf wird das Wasser abgelassen, um Turbinen anzutreiben und Strom zu erzeugen. Dies macht sie ideal für die Integration volatiler erneuerbarer Energien wie Wind- und Solarstrom.

Im Fall von Illvatn wird das Kraftwerk in der Region Vestland errichtet, die für ihre bergige Topografie und reichlichen Wasserressourcen bekannt ist. Die Anlage soll eine Kapazität von etwa 100 Megawatt (MW) haben, was ausreicht, um Tausende Haushalte mit Strom zu versorgen. Laut Angaben von Norsk Hydro wird das Projekt die jährliche Energieproduktion um bis zu 200 Gigawattstunden (GWh) steigern. Dies entspricht dem Verbrauch von rund 40.000 norwegischen Haushalten.

Investition und Finanzierung

Die Investition beläuft sich auf 1,2 Milliarden NOK nach Steuern, wie aus offiziellen Mitteilungen von Norsk Hydro hervorgeht. Einige Quellen nennen eine Bruttosumme von bis zu 2,5 Milliarden NOK, was auf steuerliche Anpassungen oder zusätzliche Kosten hindeuten könnte. Das Unternehmen, das primär in der Aluminiumproduktion tätig ist, nutzt das Projekt, um seine eigenen Energiebedürfnisse zu decken und gleichzeitig zur nationalen Energiewende beizutragen. Finanziert wird das Vorhaben durch Eigenmittel von Hydro, möglicherweise ergänzt durch staatliche Förderungen oder grüne Finanzierungsinstrumente.

  • Baukosten: Ca. 1,2 Mrd. NOK (nach Steuern)
  • Erwartete Fertigstellung: 2030
  • Standort: Luster, Vestland, Norwegen
  • Kapazität: 100 MW
  • Zusätzliche Produktion: 200 GWh pro Jahr

Historischer Kontext der norwegischen Wasserkraft

Norwegen ist ein Pionier in der Wasserkraftnutzung. Bereits seit dem frühen 20. Jahrhundert basiert ein Grossteil der nationalen Stromproduktion auf Hydroenergie. Laut Daten des norwegischen Energieministeriums stammen über 90 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen, hauptsächlich Wasserkraft. Das Land verfügt über mehr als 1.600 Wasserkraftwerke, die eine installierte Kapazität von rund 33 Gigawatt (GW) bieten. Dies macht Norwegen zum grössten Wasserkraftproduzenten in Europa.

Das letzte vergleichbar grosse Projekt von Norsk Hydro datiert aus den 1990er Jahren. Seitdem hat sich der Fokus auf Modernisierungen und Erweiterungen verlagert, anstatt auf Neubauten. Der Illvatn-Bau markiert eine Rückkehr zu ambitionierten Neuerrichtungen, getrieben durch den Bedarf an Speicherlösungen in Zeiten zunehmender Wind- und Solarenergie. In den letzten Jahren hat Norwegen seine Offshore-Windambitionen gesteigert, mit Plänen für 30 GW bis 2040. Pumpspeicher wie Illvatn sind essenziell, um Schwankungen auszugleichen.

Entwicklung der Pumpspeicher in Norwegen

Pumpspeicherkraftwerke sind in Norwegen nicht neu. Das Land betreibt bereits mehrere Anlagen, darunter das Aurland-Kraftwerk mit einer Kapazität von 1.000 MW. Allerdings sind Neubauten selten geworden, da der Grossteil des Potenzials bereits ausgeschöpft ist. Dennoch schätzt die Internationale Hydropower Association (IHA), dass Norwegen ein ungenutztes Potenzial von bis zu 20 GW an Pumpspeicher hat. Das Illvatn-Projekt nutzt bestehende Infrastruktur, wie Stauseen und Tunnel, um Kosten zu minimieren und Umweltauswirkungen zu reduzieren.

In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich die norwegische Energiewirtschaft weiter diversifiziert. Während die Öl- und Gasindustrie dominant bleibt – Norwegen ist Europas grösster Gaslieferant –, wächst der Anteil erneuerbarer Energien. Projekte wie Illvatn unterstützen die EU-weiten Ziele zur Dekarbonisierung und tragen zur Energiesicherheit bei, insbesondere nach der Energiekrise 2022.

Auswirkungen auf Umwelt und Wirtschaft

Das Illvatn-Projekt verspricht erhebliche Vorteile für die Umwelt. Als erneuerbare Energiequelle emittiert es keine CO2-Emissionen während des Betriebs. Norwegen hat die niedrigsten Emissionen im Stromsektor Europas, mit weniger als 10 Gramm CO2 pro Kilowattstunde. Durch die Speicherung überschüssiger Energie aus Wind und Sonne trägt Illvatn zur Reduzierung fossiler Backup-Systeme bei.

Allerdings gibt es auch Herausforderungen. Der Bau erfordert Eingriffe in sensible Ökosysteme, wie Flüsse und Berglandschaften. Norsk Hydro betont, dass umfassende Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt wurden und Massnahmen zum Schutz der Biodiversität ergriffen werden. Kritiker, darunter Umweltorganisationen, fordern strengere Auflagen, um Auswirkungen auf Lachsbestände und lokale Flora zu minimieren.

Wirtschaftliche Impulse

Wirtschaftlich gesehen schafft das Projekt Arbeitsplätze in der Region. Schätzungen gehen von hunderten temporären Stellen während der Bauphase aus, gefolgt von dauerhaften Positionen im Betrieb. Für Norsk Hydro, das Aluminium herstellt – ein energieintensiver Prozess –, bedeutet das eine sichere und grüne Energieversorgung. Das Unternehmen zielt auf Netto-Null-Emissionen bis 2050 ab, und Illvatn ist ein Schritt in diese Richtung.

Auf nationaler Ebene stärkt das Projekt Norwegens Position als Exporteur erneuerbarer Energie. Verbindungen zu Nachbarländern wie Deutschland und dem Vereinigten Königreich ermöglichen den Export von Speicherleistungen. Laut der Europäischen Kommission könnte Norwegen bis 2030 bis zu 10 GW an grünem Strom exportieren, was die EU-Ziele für erneuerbare Energien unterstützt.

Technische Innovationen und Zukunftsperspektiven

Das Illvatn-Kraftwerk integriert moderne Technologien, darunter effiziente Pumpenturbinen und smarte Steuerungssysteme. Diese ermöglichen eine schnelle Reaktion auf Netzschwankungen, was für die Integration von variablen Erneuerbaren entscheidend ist. In Norwegen, wo Windenergie onshore und offshore zunimmt – kürzlich wurde Europas grösster onshore Windpark fertiggestellt –, sind solche Speicher unverzichtbar.

Zukünftig könnte Illvatn Teil eines grösseren Netzwerks werden. Pläne für weitere Pumpspeicher in Norwegen umfassen Projekte wie das Tonstad-Erweiterung, das eine Kapazität von 480 MW anstrebt. International dient Norwegen als Vorbild: Länder wie die Schweiz und Österreich bauen ähnliche Anlagen, um ihre Energiewende voranzutreiben.

Herausforderungen und Lösungen

Trotz der Vorteile gibt es Hindernisse. Hohe Anfangsinvestitionen und regulatorische Hürden verzögern oft solche Projekte. In Norwegen hat die Genehmigungszeit für Hydropower-Projekte in den letzten Jahren zugenommen, bedingt durch strengere Umweltvorschriften. Norsk Hydro hat diese Hürden gemeistert, indem es auf bestehende Genehmigungen und Infrastruktur zurückgegriffen hat.

Eine weitere Herausforderung ist der Klimawandel selbst. Veränderte Niederschlagsmuster könnten die Wasserverfügbarkeit beeinflussen. Studien der Norwegischen Wasser- und Energiebehörde (NVE) prognostizieren jedoch, dass Norwegens Wasserkraftpotenzial durch schmelzende Gletscher sogar steigen könnte, wenngleich mit Risiken für Überschwemmungen.

Fazit

Das Illvatn-Pumpspeicherkraftwerk ist ein Meilenstein für Norwegens Energiezukunft. Es verbindet Tradition mit Innovation und unterstreicht die Rolle von Wasserkraft in der globalen Energiewende. Mit dem Baubeginn im November 2025 und dem geplanten Betrieb ab 2030 wird das Projekt nicht nur Norsk Hydro, sondern dem gesamten Land nutzen. Es demonstriert, wie gezielte Investitionen in Speichertechnologien die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen reduzieren und die Energiesicherheit stärken können. Norwegen bleibt damit ein Vorreiter in Europa und inspiriert andere Nationen, ähnliche Schritte zu unternehmen.

Veröffentlicht am 18.11.2025 · © 2025 Nachhaltiger24.ch – alle Rechte vorbehalten.

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Redaktion schreibt bei Nachhaltiger24 über erneuerbare energien (wind/wasser) – mit Fokus auf praxisnahe Tipps, fundierte Quellen und Schweizer Rahmenbedingungen.

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