Einführung in die Agri-Photovoltaik
Die Agri-Photovoltaik, kurz Agri-PV, stellt eine innovative Lösung dar, die Landwirtschaft und erneuerbare Energien vereint. Sie ermöglicht die gleichzeitige Nutzung von Ackerflächen für die Produktion von Nahrungsmitteln und Strom. In Zeiten des Klimawandels und steigender Energiebedarfe gewinnt diese Technologie zunehmend an Bedeutung. Die Universität Hohenheim in Stuttgart hat kürzlich eine wegweisende Forschungsanlage eingeweiht, die auf einer Höhe von bis zu zehn Metern Photovoltaik-Module installiert. Diese Anlage soll zeigen, wie Stromerzeugung und Ackerbau optimal kombiniert werden können.
Basierend auf aktuellen Recherchen, einschliesslich Berichten vom Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE und der Universität Hohenheim selbst, wird Agri-PV als Schlüsseltechnologie für die Energiewende betrachtet. Sie hilft, Flächenkonflikte zu lösen, indem sie landwirtschaftliche Böden nicht vollständig für Solarparks opfert. Stattdessen integriert sie Solarmodule in bestehende Anbausysteme, was zu einer doppelten Nutzung führt.
In Deutschland gibt es derzeit etwa 20 bis 30 Pilotprojekte zu Agri-PV, mit einer installierten Leistung von rund 100 MWp insgesamt. Die Technologie ist jedoch noch in der Entwicklungsphase, und Forschungsanlagen wie die in Hohenheim liefern wertvolle Daten für eine breitere Anwendung.
Die neue Forschungsanlage in Renningen
Am Ihinger Hof in Renningen, einem Aussenstandort der Universität Hohenheim, wurde die neue Agri-PV-Anlage am 6. November 2025 eingeweiht. Die Anlage erstreckt sich über 3.600 Quadratmeter Ackerfläche und ist mit bifazialen Solarmodulen ausgestattet, die eine Nennleistung von 218 Kilowattpeak (kWp) erbringen. Jährlich wird ein Stromertrag von etwa 200.000 Kilowattstunden (kWh) erwartet, was dem Verbrauch von rund 50 Vier-Personen-Haushalten entspricht.
Die Module sind auf einer Stahlkonstruktion montiert, die eine Höhe von bis zu zehn Metern erreicht. Diese Aufständerung ermöglicht es, dass landwirtschaftliche Maschinen wie Traktoren und Erntemaschinen ungehindert unter den Modulen hindurchfahren können. Dadurch bleibt die Fläche vollständig für den Ackerbau nutzbar.
Die Einweihung fand in Anwesenheit von Staatssekretärin Sabine Kurtz statt, was die politische Relevanz des Projekts unterstreicht. Finanziert wurde die Anlage durch das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg (MLR). Sie ist Teil der Modellregion Agri-PV Baden-Württemberg, die vom Fraunhofer ISE koordiniert wird.
Technische Details der Anlage
Die bifazialen Module fangen Sonnenlicht von beiden Seiten ein, was die Effizienz steigert. Sie beschatten etwa 30 Prozent der darunterliegenden Fläche, was ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Schatten und Sonneneinstrahlung schafft. Ein hochauflösendes Mikroklima-Monitoring-System misst Parameter wie Bodenfeuchtigkeit, Lufttemperatur, Sonneneinstrahlung und Blatttemperatur in Echtzeit. Diese Daten werden in einer Cloud gespeichert und sind für das interdisziplinäre Forscherteam zugänglich.
Laut aktuellen Studien des Fraunhofer ISE kann Agri-PV die Wassereffizienz verbessern, da die Module vor übermässiger Verdunstung schützen. In Trockenperioden können Erträge um bis zu 20 Prozent gesteigert werden, wie Pilotprojekte in anderen Regionen zeigen.
Forschungsziele und interdisziplinärer Ansatz
Das Forschungsprojekt an der Universität Hohenheim zielt darauf ab, die Wechselwirkungen zwischen Photovoltaik und Landwirtschaft detailliert zu untersuchen. Juniorprofessor Andreas Schweiger, Leiter des Fachgebiets Pflanzenökologie, betont die Wichtigkeit bodenschonender Bauweisen. Während der Montage wurden leichte Kräne und Hebebühnen mit spezieller Bereifung eingesetzt, um die Bodenqualität zu erhalten.
Auf den Versuchsfeldern werden verschiedene Nutzpflanzen angebaut, darunter Weizen, Gerste und innovative Sorten. Die Forscher analysieren, wie sich veränderte Lichtverhältnisse, Temperatur und Feuchtigkeit auf das Pflanzenwachstum auswirken. Frühere Projekte, wie die Pilotanlage in Heggelbach, haben gezeigt, dass Ertragseinbussen minimal sind – oft unter fünf Prozent – und dass die Module Schutz vor Extremwetter bieten.
Der interdisziplinäre Ansatz umfasst Experten aus Landwirtschaft, Energietechnik, Ökologie und Wirtschaftswissenschaften. Ziel ist es, angepasste Pflanzensorten, Fruchtfolgen und Empfehlungen für den Praxisbetrieb zu entwickeln.
Auswirkungen auf die Landwirtschaft
- Schutz vor Klimastress: Die Module mildern Hitze- und Trockenperioden ab, was die Widerstandsfähigkeit der Pflanzen erhöht.
- Wasserbilanz: Reduzierte Verdunstung führt zu einer effizienteren Wassernutzung, entscheidend in Zeiten zunehmender Dürren.
- Ertragssteigerung: Bei bestimmten Kulturen, wie Beeren oder Gemüse, kann der Halbschatten sogar Vorteile bringen.
- Ökologische Vorteile: Förderung der Biodiversität durch veränderte Mikroklimata.
Aktuelle Daten aus der Forschung deuten darauf hin, dass Agri-PV in Deutschland ein Potenzial von bis zu 1.700 Gigawattpeak haben könnte, wenn 4 Prozent der Ackerflächen genutzt würden. Das entspräche dem doppelten des aktuellen Strombedarfs.
Hintergründe zur Agri-PV in Deutschland
Die Entwicklung der Agri-Photovoltaik in Deutschland begann in den 2010er Jahren. Eine der ersten Pilotanlagen entstand 2016 in Heggelbach am Bodensee, koordiniert von der Universität Hohenheim. Dort wurden erste Erkenntnisse zu Erträgen und Machbarkeit gesammelt.
Nach Angaben des Bundesumweltministeriums fördert die Bundesregierung Agri-PV durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Seit 2023 gibt es spezielle Förderungen für Agri-PV-Anlagen, die eine Mindestlandnutzung von 80 Prozent für landwirtschaftliche Zwecke vorschreiben.
In Baden-Württemberg, wo die Modellregion etabliert ist, laufen mehrere Projekte. Das Fraunhofer ISE hat Leitfäden herausgegeben, die Planung und Umsetzung erleichtern. Aktuelle Zahlen zeigen, dass der Ausbau von Solarenergie in Deutschland 2024 bei 14 Gigawatt lag, wovon Agri-PV einen wachsenden Anteil einnimmt.
International ist Agri-PV in Ländern wie den Niederlanden, Frankreich und den USA weiter fortgeschritten. In den Niederlanden decken Agri-PV-Anlagen bereits Teile des Strombedarfs ab, während in den USA Projekte mit vertikalen Modulen getestet werden.
Wirtschaftliche Aspekte
Die Kosten für eine Agri-PV-Anlage liegen bei etwa 1.000 bis 1.500 Euro pro kWp, höher als bei herkömmlichen Freiflächenanlagen aufgrund der Aufständerung. Dennoch amortisieren sie sich durch doppelte Einnahmen: Stromverkauf und landwirtschaftliche Erträge. Studien des ISE prognostizieren eine Amortisationszeit von 8 bis 12 Jahren.
Für Landwirte bietet Agri-PV eine zusätzliche Einnahmequelle. In Baden-Württemberg subventioniert das Land Projekte mit bis zu 100.000 Euro, wie bei der Hohenheim-Anlage.
Wissenstransfer und Öffentlichkeitsarbeit
Die Universität Hohenheim plant eine öffentliche Vortragsreihe im Wintersemester 2025/2026. Themen umfassen rechtliche Rahmenbedingungen, Wirtschaftlichkeit und Flächenkonzepte. Dies soll Wissen in die Praxis transferieren und Akzeptanz steigern.
Partner wie BayWa r.e. und das Fraunhofer ISE bringen Praxiserfahrung ein. Die gesammelten Daten werden für bundesweite Anwendungen genutzt, um die Energiewende voranzutreiben.
Auf X (ehemals Twitter) wird das Thema lebhaft diskutiert. Nutzer heben Vorteile wie den Schutz vor Klimastress hervor, warnen aber auch vor potenziellen Nachteilen wie höheren Kosten.
Potenziale und Herausforderungen
Agri-PV birgt enormes Potenzial für die deutsche Energiewende. Bis 2030 soll der Solaranteil auf 215 Gigawatt steigen, wobei Agri-PV einen Beitrag leisten könnte. Herausforderungen umfassen bürokratische Hürden, Akzeptanz in der Landwirtschaft und technische Optimierungen.
Aktuelle Recherchen zeigen, dass in Dürregebieten wie Brandenburg Agri-PV Erträge um 10 bis 15 Prozent steigern kann. Dennoch bedarf es weiterer Forschung, um Sorten anzupassen.
Mögliche Erweiterungen
- Integration von Tracking-Systemen für optimale Ausrichtung.
- Kombination mit Speichersystemen für stabile Energieversorgung.
- Anwendung in Obst- und Weinbau, wo Schatten vorteilhaft ist.
Die Hohenheim-Anlage wird diese Aspekte untersuchen und Daten liefern.
Fazit
Die neue 10-Meter-Agri-PV-Anlage der Universität Hohenheim markiert einen Meilenstein in der Forschung zu nachhaltiger Landnutzung. Sie verbindet Stromproduktion mit Ackerbau und trägt zur Klimaanpassung bei. Mit interdisziplinärer Arbeit und politischer Unterstützung könnte Agri-PV in Deutschland flächendeckend etabliert werden, um Energiewende und Landwirtschaft zu vereinen. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob diese Technologie ihr volles Potenzial entfaltet.

